Wieviel Profifußball verträgt Österreich?

Die Fußballbundesliga denkt endlich über Reformen nach. Ein Patentrezept hat man freilich noch nicht gefunden. Aber, wie viel Profifußball verträgt denn ein kleines Land wie Österreich überhaupt?

Jahrelang wurde diskutiert und gestritten, etwas Konstruktives ist dabei jedoch noch nie herausgekommen. Jetzt haben aber auch die Verantwortlichen erkannt, dass es mit der österreichischen Fußballbundesliga in dieser Form nicht weitergehen kann. Bislang war man für die landesweite Kritik nicht zugänglich, es hat nur das gegenseitige Schulterklopfen regiert.

Sogar die erfolgreiche ÖFB-Qualifikation für die Euro 2016 wollten sich die Ligachefs zumindest teilweise auf ihre Fahnen heften. All die Legionäre seien doch in Österreich ausgebildet worden; hätte nur noch gefehlt, dass man sich bei Christian Fuchs, dem englischen Meister, auf rot-weiß-rote Spurensuche begeben hätte.

Mit Selbstbeweihräucherung ist man noch nie weit gekommen, nach Jahren der Stagnation und Selbstzerfleischung kommt nun Bewegung in die Funktionärsebene. Den Stein ins Rollen gebracht hat Christian Ebenbauer, der Ligavorstand glänzte mit interessanten Aussagen in einem „Kurier“-Interview, in dem er das Ende beider Zehnerligen gefordert hat.

Ob das der ideale Weg ist, den heimischen Fußball zu reformieren, darüber lässt sich gewiss streiten. Die Vereinsvertreter wurden jedenfalls auf dem falschen Fuß erwischt, sie müssen sich erst mit der neuen Situation auseinandersetzen und befassen. Für manche bedeutet das, dass der Kampf ums Überleben beginnen wird. Erstmals traute sich ein Offizieller, über Veränderungen laut nachzudenken. Geschickte, wirkliche gute Public Relations, vor allem aber interne Kommunikation sieht anders aus. Diese Vorgangsweise, so erweckt es zumindest den Anschein, ist typisch österreichisch. Man lässt die Katze aus dem Sack, dabei ist aber alles völlig unausgegoren. Intern, so wird behauptet, habe man diskutiert und die Bereitschaft zur Veränderung geortet. Es stellt sich allerdings grundsätzlich die Frage, wie viel Profifußball denn ein Land wie Österreich überhaupt verträgt.

ÖFB-Direktor Thomas Hollerer sagt: „Bisher haben wir den Stein der Weisen nicht gefunden. Aber man muss sich für die Zukunft die Format-Frage ansehen.“ Auch Gernot Zirngast, Vorsitzender der Spielergewerkschaft, äußerte sich vage. „Wir begrüßen, dass die Liga in die Offensive geht, und hoffen, dass der Umbau unter Berücksichtigung aller Beteiligten passiert. Es soll zu einer Lösung mit einer einzigen Profiliga kommen.“

Nichtssagende Worthülsen – doch es besteht Handlungsbedarf, darüber herrscht Einigkeit. Noch im Juni soll das Konzept erarbeitet, die Klubs sollen informiert werden. Der Trennstrich zwischen Amateur- und Profitum ist gewiss schwer zu ziehen, Österreichs Fußball sollte es sich also gut überlegen. Denn dann gibt es kein Zurück mehr.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.