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Wo sind neue Leitfiguren in der Größenordnung Dittert, Prokop oder Kleinmann? Ja-Sager, Parteibuch-Funktionäre, Altpolitiker und ideenlose Selbstdarsteller helfen Österreichs Sport nicht, für sie ist er bloß Mittel zum Zweck.

Wo sind sie, diese vom Sport besessenen, vom Erfolg getriebenen und niemals um Motivation, Auftritt oder Kraftausdrücke verlegenen Typen? Ehemalige Sportler, die ihrem Metier treu geblieben sind, als Trainer, Manager oder Präsidenten noch mehr erreicht haben. „Wahnsinnige“, im positiven Sinn, die zu fast jeder Tages- und Nachtzeit angerufen haben, um ihren Sport zu promoten, Spiele anzukündigen und trotz teils verhaltener Reaktionen aller Redaktionen den Begriff der Aufgabe kategorisch ablehnten; im Gegenteil: die selbst aus größtem Widerstand und breitestem Unverständnis die Kraft schöpften, nicht lockerzulassen, bis sie ihr Ziel erreichten. Wo sind sie?

Kapazunder dieser Größenordnung sind rar. Sie polarisieren zwar mit ihrer Art, ihre Mittel sind auch nicht immer heilig, auf ihrem Spielfeld ist zudem für Demokratie kein Platz, doch der Erfolg gab ihrer Methode recht. Es geht um Evergreens wie Harry Dittert, Gunnar Prokop – und Peter Kleinmann, der seit Samstag, nach über 50 Jahren im Volleyball und derer 16 als Verbandspräsident, in „Pension“ gegangen ist.

Natürlich ist es vermessen, Österreichs Volleyball nun dem Ende nahe zu sehen. Die Nachfolge ist ja geregelt, der Betrieb wird weiterlaufen. Aber, unwidersprochen nicht mehr in dieser Intensität, mit dieser Leidenschaft oder diesem unaufhaltsamen Verlangen, es allen so richtig zu zeigen.

Wer mit Dittert, Prokop oder Kleinmann nie gestritten oder scharfe Kontroversen geführt hat, ist entweder ein naiver Ja-Sager, gewiefter Politiker oder Angsthase. Alphatiere scheuen keinen Konflikt, sie suchen ihn mitunter sogar, ja: Diese Spezies braucht ihn dringend. Sie kann ohne Gegner nicht gedeihen. Wer es wagte, wenngleich mit vergleichsweise eher limitierten Mitteln, den Auftritt zu hinterfragen, Spiel, Philosophie oder Personalbesetzung zu kritisieren, geriet kurzerhand in Erklärungsbedarf. Harte Worte, böse Blicke, schonungslose Analysen – alles letztendlich jedoch immer nur dem eigentlichen Sinn dienlich: um Sport zu verkaufen, den Sinn von Bewegung zu vermitteln, den Spaß daran zu zeigen. Ein kurzer Donner, eine profunde Reaktion erwartend, entgegen bösartiger Gerüchte die Meinungen anderer durchaus tolerierend, schon ging es wieder weiter. Grantig waren sie, oft sogar, nachtragend aber nie.

Es ist alarmierend für Österreichs Spitzensport, dass mit Peter Schröcksnadel nur noch ein Querdenker dieser Art unterwegs ist. Der Umstand ist jedoch dokumentiert, zusehends drängen Amateure, Parteibuch-Funktionäre, Altpolitiker oder Selbstdarsteller auf dieses Spielfeld, auf dem wichtige Weichen gestellt werden sollten. Das ist ein Problem. Für sie bedeutet Sport nicht die Welt, sondern ist nur Mittel zum Zweck.

markku.datler@diepresse.com

Diepresse.com/Sport

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2017)

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