Waske: "Medien fehlt der Respekt vor Melzer"

Waske Medien fehlt Respekt
Waske Medien fehlt Respekt(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Matthias Hauer)
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Alexander Waske, Trainer von Jürgen Melzer, spricht mit der "Presse" über glückliche Zufälle, Energieverschwendung auf dem Tennisplatz und Österreichs Medienlandschaft.

Die Presse: Wie fällt Ihr Resümee der Überseetour aus?

Alexander Waske: Es hat richtig schlecht begonnen. In Memphis verlor Jürgen gegen einen starken Igor Sijsling, dem zwei schwächere Matches in Acapulco und Indian Wells folgten. Dass er vor Miami dann den Challenger in Dallas eingestreut und diesen schließlich gewonnen hat, war auch ein glücklicher Zufall, weil Leander Paes, sein Doppelpartner für Indian Wells, absagen musste. Dallas hatten wir nicht geplant.

Wie weit fortgeschritten ist Ihr Plan, Melzer als Spieler weiterzuentwickeln?

Er hat sich in den letzten Monaten in einigen Bereichen verbessert. Mit der Rückhand spielt er schön langsam das, was ich von ihm sehen möchte. Die Vorhand fand ich immer schon relativ stabil. Was wir jetzt aber brauchen, sind Trainingsphasen, in denen wir seinen Aufschlag stabilisieren können. Zwischen den Matches fehlt dafür oftmals die Zeit, in den nächsten Tagen wird es in Offenbach aber richtig hart zur Sache gehen.

Wie erklärt man sich als Trainer die teilweise doch extremen Leistungsschwankungen?

Eines vorweg: Ich habe noch kein Spiel gesehen, in dem Jürgen gegen jemanden verloren hat, der nicht Tennis spielen konnte. Ein Beispiel: Anfang des Jahres hat er gegen Greg Jones, Nummer 373 der Welt, verloren. An diesem Tag hat Jones aber wie ein Top-50-Spieler gespielt. Natürlich hat Jürgen nicht sein bestes Tennis gespielt, aber falls es manche noch nicht bemerkt haben: Jürgen ist auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut. Ein sensibler Typ, der auch Tage hat, an denen es eben nicht so gut läuft. Das sollte man akzeptieren und respektieren.

Fehlt Ihnen der öffentliche Respekt im Umgang mit Ihrem Schützling?

Definitiv. Jürgen hält die österreichische Flagge oben, wie es in den letzten zehn Jahren kein anderer Tennisspieler des Landes getan hat. Seit ich mit ihm arbeite, verfolge ich auch ein wenig die österreichische Presse. Ich bin zeitweise echt schockiert, was da geschrieben wird.

Was stört Sie dabei am meisten?

Dass bei Niederlagen sofort auf ihm herumgehackt, ihm permanent Lustlosigkeit vorgeworfen wird. Jürgen steht in der Jahreswertung unter den Top 20 (16., Anm). Ich weiß nicht, was die Leute wollen. Wie sieht denn Österreichs Tennis ohne Jürgen Melzer aus? Tennis ist eine Weltsportart – und bei allem Respekt vor den österreichischen Skifahrern: Sie haben nicht die Konkurrenz, wie sie ein Jürgen Melzer hat. Sie müssen sich nicht gegen Argentinier, Australier oder sonst jemanden behaupten.

Womöglich erwarten sich Beobachter einfach viel von Melzer, weil er gewiss über großes Potenzial verfügt.

Jürgen ist ein Künstler, ein Kreativspieler. Wenn ihm seine Kreativität während eines Matches nicht zur Verfügung steht, kann es passieren, dass er unter seinem Grundniveau spielt. Was das andersrum bedeutet, hat man in Miami gegen Ferrer gesehen. Er hat die Nummer fünf der Welt im ersten Satz so was von an die Wand gespielt. Also wenn das keine Feuerwehr war, dann weiß ich nicht...

Ihre extrovertierte Art scheint Melzer gutzutun.

Ich werde gern mal lauter, war schon als Spieler ein Fighter. Wenn Jürgen auf dem Platz steht, bekommt er meine Emotionen ab. Man wird mich nie mit einer Sonnenbrille sehen, mir ist der Blickkontakt enorm wichtig...

...und dass sich Ihr Spieler auf das Wesentliche konzentriert.

Die Energie muss auf dem Platz bleiben. Der Schiedsrichter muss sich auch zwei Fehler leisten dürfen, ohne dass Jürgen sofort das Rumpelstilzchen macht.

Zur Person

Alexander Waske, 38, beendete erst im Vorjahr seine Profikarriere. Der Deutsche erreichte seine beste Einzelplatzierung 2006, als ihn die ATP als Nummer 89 führte. Größere Erfolge feierte er im Doppel, 2007 war er die Nummer 16 der Welt.

Seit Oktober 2012 betreut Waske gemeinsam mit Athletik-Coach Christian Rauscher Österreichs Nummer eins, Jürgen Melzer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2013)

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