Wimbledon: Der Rasen, der die Welt bedeutet

Jürgen Melzer
Jürgen Melzer(c) EPA (OLIVER KRATO)
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Jürgen Melzer schlägt am Montag zum bereits 13. Mal beim prestigeträchtigsten Turnier der Welt auf. Mit Wimbledon verbindet der 32-Jährige Tradition, vor allem aber große Erfolge.

Die Bilder schießen ihm immer wieder durch den Kopf. Es sind jene Momente, in denen Jürgen Melzer die Welt für kurze Zeit einfach nur anhalten möchte. In Wimbledon, wo „Die Presse“ Österreichs besten Tennisspieler auf einer Terrasse inmitten der Anlage trifft, sind schon Träume wahr geworden. Mit keinem Turnier verbindet Melzer so viel, der All England Club nimmt für ihn eine Sonderstellung ein.

Die Liebesbeziehung begann 1999. Als hoffnungsvoller Teenager reiste Melzer nach London, um wenig später als Sieger des Juniorenbewerbs erste Autogramme zu schreiben. Vierzehn Jahre sind seitdem vergangen, für Melzer „sehr, sehr viel Zeit“. 2000 folgte der erste Auftritt bei den „Erwachsenen“. Auf Court 3, den es heute in seiner damaligen Form nicht mehr gibt, prallte Melzer auf Mark Philippoussis, ein Schwergewicht auf Rasen. Der österreichische Youngster schlug sich gegen den späteren Viertelfinalisten beachtlich, unterlag dem Australier aber in vier umkämpften Sätzen. „Meine Premiere. So etwas vergisst man nicht“, schmunzelt Melzer, während die Wolken über London immer dunkler werden und der aufkommende Wind rauer.

Ein Jahrzehnt verging, ehe der Niederösterreicher wieder Schlagzeilen machte. 2010 marschierte er zum ersten und bislang einzigen Mal ins Achtelfinale, Roger Federer stellte dabei eine zu große Hürde dar. Im Doppel aber musste sich der Deutsch-Wagramer nicht mit Federer herumschlagen. An der Seite des Deutschen Philipp Petzschner triumphierte er auf dem Center Court. Zwei magische Wochen fanden einen krönenden Abschluss.

Ein Jahr später gewann er mit seiner jetzigen Gattin, der Tschechin Iveta Benesova, die Mixed-Konkurrenz und zum dritten Mal in Wimbledon. „Darüber reden wir immer noch regelmäßig. Jetzt fehlt mir eigentlich nur noch ein Titel.“ Melzer entkommt bei dieser Vorstellung ein zufriedenes Grinsen.

Schmerzen für Wimbledon

Dass die ehemalige Nummer acht der Weltrangliste im Herbst seiner Karriere die Einzel-Trophäe stemmen wird, ist jedoch schlicht unrealistisch. „Ich werde nicht jünger, und mein Körper nicht besser“, bemerkt der Routinier, bei dem vor wenigen Tagen ein Leistenbruch diagnostiziert wurde. Training war seitdem nur sehr dosiert möglich, die Schmerzen sollten sich so in Grenzen halten. Für das heutige Erstrundenmatch gegen den Italiener Fabio Fognini wolle er aber die Zähne zusammenbeißen, sich nicht kampflos ergeben. Schließlich ist Wimbledon nur einmal im Jahr – und Melzer genießt jede Sekunde. „Weil dieses Turnier so viel Tradition und Flair hat.“

Davon hat auch schon der zweite ÖTV-Spieler im Einzel, Andreas Haider-Maurer, Notiz genommen. Der Niederösterreicher weilt seit einer Woche in London und fühlt sich auf seinen Gegner, den Japaner Go Soeda, gut vorbereitet. „Auch wenn Rasen sein bester Belag ist und er in der Qualifikation sehr stark gespielt hat, sehe ich gute Chancen. Speziell wegen meines Vorteils beim Aufschlag.“

Paszek droht immenser Rückfall

Wie Haider-Maurer greifen auch die Damen Tamira Paszek und Yvonne Meusburger am Dienstag ins Geschehen ein. Paszek, Viertelfinalistin der beiden vergangenen Jahre, klagte nach ihrer Aufgabe in Eastbourne über einen Einriss der hinteren Oberschenkelmuskulatur. ihr Antreten gegen die Rumänin Alexandra Cadantu soll aber nicht gefährdet sein. Bei einem frühen Ausscheiden würde die Vorarlbergerin aus den Top 100 fallen. Ein derartiger Ranking-Absturz würde für die 22-Jährige auch einen Neuanfang darstellen, müsste sie doch wieder in Qualifikationen zu WTA-Turnieren antreten. „Vielleicht wäre das gar nicht schlecht für mich. So könnte ich mehr Matches spielen“, sagt Paszek gegenüber der „Presse“.

Yvonne Meusburger geht nach überstandener Qualifikation als krasse Außenseiterin in das Duell mit Vorjahresfinalistin Agnieszka Radwanska, darf sich aber wohl über viel Publikum auf einem der großen Courts freuen.

Auf einen Blick

Jürgen Melzer tritt in Wimbledon angeschlagen zu seinem heutigen Auftaktspiel gegen den Italiener Fabio Fognini an. Der 32-Jährige konnte wegen eines Leistenbruchs im Vorfeld des dritten Grand-Slam-Turniers nur sehr dosiert trainieren.

Das Trio Andreas Haider-Maurer, Tamira Paszek sowie die Qualifikantin Yvonne Meusburgerbestreiten ihre Auftaktspiele erst am Dienstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2013)

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