Mit Melzer hat der bessere Tennisspieler verloren

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Jürgen Melzer kämpfte in Wimbledon verbissen um den erstmaligen Einzug in das Viertelfinale, musste sich Polens Jerzy Janowicz aber in fünf Sätzen beugen.

Wimbledon/Wien. Nach 3:23 Stunden stieß Jerzy Janowicz einen lauten Schrei der Freude aus, der gewiss auch auf so manchen Nebenplätzen des Court 12 zu vernehmen war. Der Pole hatte soeben im Achtelfinale von Wimbledon Jürgen Melzer, Österreichs Nummer eins, mit 3:6, 7:6, 6:4, 4:6, 6:4 bezwungen, standesgemäß beendete er die Fünfsatz-Schlacht mit einem krachenden Aufschlag durch die Mitte.

Das Service ist das Prunkstück im Spiel des 22-Jährigen, es ist die mit Abstand gefährlichste Waffe in seinem Repertoire. Mit 2,03 Metern zählt Janowicz zu den größten Spielern auf der Tour. Auf den größten, den Kroaten Ivo Karlovic, fehlen ihm nur fünf Zentimeter. Die physisch außergewöhnlichen Voraussetzungen weiß er geschickt zu seinem Vorteil zu nutzen.

„Entscheidend wird sein, wie ich auf seine Aufschläge antworte“, meinte Melzer vor dem ersten Duell der beiden im All England Club. Und der Niederösterreicher antwortete über weite Strecken gut, returnierte viele harte Aufschläge seines Kontrahenten, der es diesmal „nur“ auf 16 Asse brachte – auch ein Verdienst der guten Return-Leistung Melzers. Aber in gewissen Situationen ist ein Rückschläger gegen starke Aufschläger machtlos, „einfach Passagier“, wie es Melzer gerne umschreibt. Janowicz servierte nicht nur präzise, sondern vor allem schnell – mit bis zu 220 km/h.

Die „Bumm-Bumm“-Generation

War der Ball erst einmal im Spiel, offenbarte der Mann aus Lodz keine künstlerischen Fähigkeiten. Elegant wirkte sein Stil schon gar nicht, auch aufgrund seiner Statur. Der bessere Tennisspieler war und ist gewiss Jürgen Melzer. Er verfügt neben der ausgereifteren Technik auch über eine erfrischende Brise Spielwitz, der vielen Spielern mittlerweile abhanden gekommen ist. Janowicz, der Tennishandwerker, ist einer der Vorreiter der „Bumm-Bumm“-Generation, zu der etwa auch der Kanadier Milos Raonic, 22, zählt.

Diese beiden dürften die Zukunft des Sports mitprägen. Ihnen zuzusehen macht zugleich allerdings nur bedingt Spaß. Speziell auf schnellen Belägen wie Rasen zeigen ihre Aufschläge große Wirkung, lassen sich spielerische Mängel am leichtesten kaschieren. Wenig überraschend eigentlich, dass Janowicz just beim letztjährigen Hartplatzturnier in der Halle von Paris-Bercy, ein besonders schnelles „Pflaster“, mit dem Finaleinzug der internationale Durchbruch gelang.

Für Melzer haben sich die Wünsche nach dem ersten Wimbledon-Viertelfinale nicht erfüllt. Sein Trost sind 122.850 Euro, eine Ranglistenverbesserung und die Tatsache, auch auf allerhöchstem Niveau noch bestehen zu können. Einen Blick auf den Turnierraster sollte er meiden. Gegen Lukasz Kubot, einen weiteren Polen, hatte er alle vier bisherigen Duelle gewonnen. Mit Kubot oder Janowicz steht ein Pole fix im Halbfinale.

Williams scheitert an Lisicki

Wie schon die erste Turnierwoche begann auch die zweite mit einem Paukenschlag. Serena Williams, von britischen Medien schon als konkurrenzlose Titelverteidigerin gesehen, scheiterte im Achtelfinale mit 2:6, 6:1, 4:6 an Sabine Lisicki. Die Deutsche, 23, lag im Entscheidungssatz bereits mit 1:4 zurück, bewies aber Kämpferqualitäten und zog zum vierten Mal nach 2009, 2011 und 2012 in das Wimbledon-Viertelfinale ein.

Ergebnisse aus Wimbledon

Herren-Achtelfinale: Ferrer (ESP/4) - Dodig (CRO) 6:7, 7:6, 6:1, 6:1. Kubot (POL) - Mannarino (FRA) 4:6, 6:3, 3:6, 6:3, 6:4. Janowicz (POL/24) - Melzer (AUT) 3:6, 7:6 (1), 6:4, 4:6, 6:4.

Damen-Achtelfinale: Lisicki (GER/23) - Williams (USA/1) 6:2, 1:6, 6:4. Kanepi (EST) - Robson (GBR) 7:6, 7:5. Li Na (CHN/6) - Roberta Vinci (ITA/11) 6:2, 6:0. Kvitova (CZE/8) - Suarez Navarro (ESP/19) 7:6, 6:3. Flipkens (BEL20) - Pennetta (ITA) 7:6, 6:3. Stephens (USA/17) - Puig (PUR) 4:6, 7:5, 6.1.

Doppel-Achtelfinale: Knowle/Bhupati (AUT/IND/8) - Levine/Pospisil (CAN) 6:2, 6:4, 3:6, 6:4. Bopanna/Roger-Vasselin (IND/FRA/14) - Peya/Soares (AUT/BRA/3) 6:4, 4:6, 7:6, 6:2.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2013)

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