US Open: Der Erfolgslauf eines Ungesetzten

Dominic Thiem
Dominic Thiem(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Matthias Hauer)
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Dominic Thiem lässt in New York aufhorchen, steht erstmals im Achtelfinale eines Grand Slams, Gegner ist der Tscheche Berdych. Thiem ist damit erstmals unter den Top 40 der Welt.

New York. Dominic Thiem feiert bei den US Open eine Premiere. Anfang des Jahres gab der Niederösterreicher, 20, in Melbourne sein Grand-Slam-Debüt. In Melbourne und später in Paris war in Runde 2 Endstation, im Big Apple aber gelang dem ÖTV-Spieler der große Schlag; er steht erstmals im Achtelfinale. Der Lichtenwörther besiegt den Spanier Feliciano Lopez mit 6:4, 6:2, 6:3 und trifft nun auf den Tschechen Tomas Berdych.

Als erst sechster Österreicher hat Thiem dieses Kunststück geschafft. Vor ihm waren nur Peter Feigl, Thomas Muster, Alexander Antonitsch, Stefan Koubek und Jürgen Melzer so weit gekommen.

Regenunterbrechungen hin, Druck und Erwartungshaltung her, Thiem bewies, dass er auf Hartplatz gut servieren und retournieren kann. Lopez fand selten die Chance, sein Serve-Volley-Spiel aufzuziehen, „ihm war es wohl unangenehm“, sagte Thiem später. Dieses Spiel werde er nie vergessen, es seien schöne Erinnerungen, wichtige Emotionen. „Das erste Mal in eine zweite Woche bei einem Grand Slam zu kommen, dass man auf das Match serviert, das kannst du nicht ausblenden.“ Es ist von Bedeutung, er agiert unter den letzten 16 dieses letzten Majors des Jahres. Von den 15 anderen Spielern sind neun aus den Top Ten der Setzliste. Thiem ist der Letzte der Ungesetzten.

187.000 Dollar und Platz 36

Das Achtelfinale beschert dem Kitzbühel-Finalisten den Einzug in die Top 40 der Welt. Sollte ein Hit gegen Berdych gelingen, wäre er in den Top 30, doch so weit wollte Thiem nicht blicken. Eine andere Zahl interessiert ebenfalls, sie ist bereits fixiert. Thiem streift dan höchstes Preisgeld seiner Karriere ein. Ihm sind 187.000 Dollar gewiss, ca. 142.000 Euro. Gewinnt er gegen den Tschechen, verdoppelt sich diese Summe.

„Es war bisher alles sehr solide“, fand Thiem nüchtern klingende Worte für seine Leistungen. Dem Slowaken Lukas Lacko hatte er acht Games überlassen und damit zum Auftakt des US Open einen „Salto nullo“ des ÖTV verhindert. Der Fünfsatzsieg gegen „Teamkollegen“ Ernest Gulbis gab Kraft, der Sieg gegen Lopez neue Motivation.

Jedes Match hat Thiem für sich betrachtet, nur von Runde zu Runde geschaut. „Aber von der ersten in die zweite Woche ist schon eine Mauer“, erläuterte der 45. der Weltrangliste im Bewusstsein, dass heute gegen Berdych mehr Augen auf ihn gerichtet sein werden. Vor dem Siebenten der Weltrangliste zeigte der Niederösterreicher keine Angst, wenngleich er gegen ihn anders spielen müsse als in den Partien zuvor. „Schlauer, aggressiver“, sagte er. Er wisse auch, wie es klappen könnte. Bei den French Open hatte er Berdych – die Stärke des 1,96 Meter großen Tschechen ist das Service – bei dessen Viertelfinalniederlage gegen Gulbis gesehen...

Der fünffache US-Open-Gewinner Roger Federer zog trotz eines Fehlstarts souverän in das Achtelfinale ein. Nach einem Satzverlust gegen Melzer-Bezwinger Marcel Granollers gab der Schweizer nur noch drei Games ab und siegte 4:6, 6:1, 6:1, 6:1. Eine zweistündige Regenunterbrechung half dem 33-Jährigen, er bekam „Zeit zum Nachdenken“.

Bencic, mit Hingis-Handschrift

Die erst 17-jährige Schweizerin Belinda Bencic lieferte die Überraschung im Damenbewerb. Sie stieg gegen die Serbin Jelena Jankovic mit 7:6, 6:3 überraschend ins Viertelfinale auf, und das bei ihrem New-York-Debüt. Zuvor hatte die Nummer 58 der Welt mit Angelique Kerber schon eine weitere Top-Ten-Spielerin bezwungen. „Das ist ein Traum“, sagte Bencic. „Im ersten Game war ich noch überwältigt von der Atmosphäre, daran muss man sich hier ja erst einmal gewöhnen.“

Bencic ist die jüngste Viertelfinalistin in einem Grand-Slam-Turnier seit der Tschechin Nicole Vaidisova 2006 in Paris. Die Parallelen zu Martina Hingis, die 1997 als 16-Jährige in das US-Open-Viertelfinale einziehen konnte, sind verblüffend. Beide sind im Kanton St. Gallen aufgewachsen, haben Wurzeln in der Slowakei – und Bencic wird seit frühester Kindheit von Hingis' Mutter Melanie Molitor trainiert. Die vorjährige Juniorensiegerin von Roland Garros und Wimbledon bestreitet ihr erstes Jahr auf der WTA-Tour. In der Runde der letzten acht trifft sie auf die Chinesin Peng Shuai. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2014)

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