French Open: Wenn ein Fan kurzerhand zum Problemfall wird

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Roger Federer wurde nach seinem Auftaktsieg von einem Zuschauer auf dem Center Court überrascht. Der Teenager wollte nur ein Selfie, entfachte damit aber eine Sicherheitsdebatte.

Paris. Seit dem Attentat auf Monica Seles beim Tennisturnier auf dem Hamburger Rothenbaum 1993 – ein psychisch Kranker stach der damals auf der Bank sitzenden Serbin mit einem Messer in den Rücken – ist die Szene heikel, wenn es darum geht, wie man mit Flitzern oder Fans, die auf den Court stürmen, umgehen soll. Für viele Spieler ist die Vorstellung ein Graus, gerade deshalb gibt es ja auch seit damals Sicherheitsvorkehrungen und Securities auf dem Spielfeldrand. Doch bei den French Open wurde die Debatte nun neu entzündet – sie erhielt gewaltige Aufmerksamkeit, denn niemand geringerer als Roger Federer ließ seinem Zorn nach solch einer unliebsamen Begegnung freien Lauf.

Zwischen Fans, Verrückten und Attentätern besteht freilich ein Unterschied. Der Fan begehrt die Nähe zu seinem Idol, Flitzer oder Verrückte wollen Aufmerksamkeit erwecken, Attentäter haben jedoch ein anderes Motiv und genau vor solchen Momenten wollen Sportler, Popstars oder Politiker beschützt sein. Nach seinem Erstrundensieg gegen den Kolumbianer Alejandro Falla (6:3, 6:3, 6:4) lief ein Zuschauer auf den Centre Court der Anlage in Roland Garros. Wie er es geschafft hat, darüber rätselt die Branche, die Sicherheitsvorkehrungen waren somit als schlecht enttarnt. Dem Fan war es recht, er machte ein Selfie mit Federer. „Der Zwischenfall war auf keinen Fall lustig, da muss etwas passieren“, polterte der Schweizer wenig später verärgert. „Wir müssen sicherstellen, dass es safe da draußen ist und Leute nicht einfach auf den Platz rennen. Wir sollten uns sicher fühlen.“

Es war keineswegs ein Einzelfall. Für Federer war es sogar ein Déjà-vu. Während des Finales 2009 war ein spanischer Fan auf den Centre Court gesprungen und auf Federer zugerannt. Auch während des Trainings am Samstag waren Kinder auf den Platz gelangt, um ein Autogramm von ihm zu bekommen. „Der Bursche jetzt hat nichts zu mir gesagt, nur ein Selfie wollte er machen.“

Turnierdirektor Gilbert Ysern bedauerte den Vorfall. „Das sollte nicht vorkommen. Zuschauer haben nie, zu keiner Zeit und aus keinem Grund das Recht, auf den Platz zu gelangen“, sagte er. Ysern sah den Grund für die Situation aber nicht in mangelnden Sicherheitsvorkehrungen, sondern in einem Fehlverhalten der zuständigen Ordner. Gerade nach den Anschlägen auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ Anfang Jänner seien die Vorschriften für die Sicherheit auch nach Austausch mit der Pariser Polizei noch einmal erhöht worden.

Ein „Kanarienvogel“

Der Schweizer ist 17-facher Rekord-Grand-Slam-Sieger, gewann in seiner großen Karriere aber nur einmal, 2009, die French Open. Er ist in der Tenniswelt extrem populär und zeigte sich bei seinem ersten Auftritt in Paris ungeachtet des Vorfalles guter Laune, in buntem Outfit. Die Farbe seiner Hose regte den „Blick“ sogar zu Spekulationen an. Pink, leuchtorange, Federer sei „ein Kanarienvogel“, mutmaßte das Boulevardblatt und zauberte dem Eidgenossen dann doch wieder ein Lächeln auf das Gesicht. Er wolle diese Kleidung sieben Mal tragen – also bis ins Endspiel vorstoßen. Und, es sei enorm schade, dass andere Turniere nicht diese Mode unterstützen, sondern am klassischen Weiß festhielten. „Die Vorschriften sind lächerlich strikt. Ich liebe Wimbledon, aber damit gehen sie zu weit. Lasst uns also die Farben genießen.“ (cg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2015)

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