French Open: Ein Endspiel, das gar keines ist

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Novak Djoković fordert im Viertelfinale der French Open den neunmaligen Titelträger Rafael Nadal. Ein Sieg gewährt jedoch nur kurz Freude, zum Triumph fehlen zwei weitere Siege.

„Jetzt können wir darüber reden“, sagte Rafael Nadal und konnte sich ein leichtes Schmunzeln bei der Pressekonferenz nicht verkneifen. Seit eineinhalb Wochen, als die Auslosung zu den French Open stattfand, ist in Paris vieles zur Nebensache verkommen. Das vorgezeichnete Viertelfinale zwischen Nadal und dem Weltranglistenersten Novak Djoković ließ Medienvertreter und Fans rund um den Globus nicht zur Ruhe kommen, am Mittwoch (ab 14 Uhr, live in Eurosport) geht das erwartete Schlagerspiel tatsächlich in Szene.

Ohne Mühe sind die beiden Rivalen bislang durch das Turnier spaziert, haben sich warmgespielt für das Duell, das alle elektrisiert. „Es ist das größte Viertelfinale, das es in der Tennisgeschichte je gegeben hat“, sagt John McEnroe, 56, voller Überzeugung. „Und mit Sicherheit ist es das Spiel des Jahres.“

Nadal gegen Djoković, das ist etwas für Tennis-Feinschmecker. Der Vergleich ist längst zu einem Klassiker avanciert, auf dem Court Philippe Chatrier stehen die beiden Ausnahmeathleten einander zum 44. Mal gegenüber. Nadal führt die Statistik zwar mit 23:20-Siegen an, fünf der letzten sechs Auseinandersetzungen entschied jedoch sein Dauerrivale für sich.

Djokovićs Form, Nadals Aura

Djoković agiert 2015 in der Form seines Lebens. Die bislang letzte Niederlage musste er Ende Februar im Dubai-Finale gegen Roger Federer hinnehmen, seitdem ist der Schützling von Boris Becker 26 Spiele ungeschlagen. Seine Verfassung auf Sand ist bestechend, er triumphierte bei den Vorbereitungsturnieren in Monte Carlo und Rom. Nie zuvor ist der 28-Jährige mit größerem Selbstvertrauen nach Paris gereist, in Frankreich sehnt er die Krönung einer überragenden Saison und außergewöhnlichen Karriere herbei. Denn all seine Vorab-Erfolge verblassen, sollte Djoković den Bois de Boulogne ohne Sieg verlassen.

Die French Open sind das ultimative Ziel des Mannes aus Belgrad, das fehlende Puzzleteil in seiner prächtigen Titelsammlung. „Wenn man die Resultate in diesem Jahr anschaut, ist Novak nun an dem Punkt, an dem er eigentlich gewinnen muss“, bemerkte Roger Federer, der 2009 erst bei seinem elften Anlauf den Coupe des Mousquetaires entgegennehmen durfte.

Damals wie heute stellt sich der Konkurrenz Rafael Nadal in den Weg. Der Iberer hält im Stade Roland Garros bei 70 Siegen und nur einer Niederlage (2009 gegen Robin Söderling), genießt den Ruf des besten Sandplatzspielers aller Zeiten, den in Paris eine ganz besondere, geheimnisvolle Aura umgibt. Vor Beginn der Grand-Slam-Veranstaltung waren Nadals Sorgen groß. Er suchte verzweifelt seine Form, fand sie aber nicht. Weder in Monte Carlo noch in Rom. Doch hier, in Paris, erinnert der Mallorquiner wieder an sich selbst, an seine besten Tage.

Nach seinem Sieg im Achtelfinale gegen den aufstrebenden US-Amerikaner Jack Sock ballte Nadal auf dem Platz noch mehrmals die Faust. Er motivierte sich damit selbst, stärkte den Glauben an seine Fähigkeiten. Nadal scheint bereit für den Kampf der Giganten. „Das wird das härteste Viertelfinale meiner Karriere. Ich muss mich nochmals steigern, um gegen Novak zu gewinnen. Er ist momentan der Mann, den es zu schlagen gilt.“

Nicht zu früh freuen

Das von Fans und Experten gleichermaßen herbeigesehnte Kräftemessen zwischen Nadal und Djoković mutet an wie ein Endspiel, das aber gar keines ist. Für den Sieger dieses Spiels gilt es, die Spannung aufrechtzuerhalten, mental in keinen Zustand der Erleichterung zu verfallen. Denn wirklich Zählbares hätte noch keiner der beiden Spieler mit einem Sieg erreicht. „Wer gewinnt, steht erst im Halbfinale“, mahnte Nadal.

Auf einen Blick

Bei den French Open in Paris kommt es am heutigen Mittwoch zum Viertelfinale zwischen dem Weltranglistenersten Novak Djoković und dem neunfachen Turniersieger Rafael Nadal. Djoković, 28, fehlt nur noch ein Triumph im Stade Roland Garros, um bei jedem der vier Grand-Slam-Turniere zumindest einmal gewonnen zu haben.

Am Dienstag qualifizierten sich Ana Ivanović (6:3, 6:2 gegen Switolina/RUS) und Lucie Safarova (7:6, 6:3 gegen Muguruza/ESP) für das Halbfinale.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

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