Ein letztes Mal zeigte Lleyton Hewitt in Wimbledon seinen unbändigen Siegeswillen. Dominic Thiem ist nach seinem Auftaktsieg am Mittwoch Außenseiter, Tamira Paszek war chancenlos.
London. „Thanks for the fight“, richtete Roger Federer seinen Kollegen Jarkko Nieminen und Lleyton Hewitt über Twitter aus. Exakt vier Stunden dauerte die Fünf-Satz-Partie der beiden, schlussendlich hatte Nieminen das bessere Ende für sich (3:6, 6:3, 4:6, 6:0, 11:9). Es war Hewitts letzter Auftritt in Wimbledon. 2002 hatte der Australier im ehrwürdigen All England Club als Nummer eins der Welt triumphiert, heuer erklärte er, nach den Australian Open im kommenden Jahr seine Karriere zu beenden. Sein laufintensiver Spielstil hat dem 34-Jährigen alles abverlangt.
Ungeliebter Held
Hewitt war wegen seines unbändigen Willens stets ein unangenehmer Gegner. Und so ist er auch vom Ort seines größten Triumphes mit einem großen Kampf abgetreten. „Es war klar, dass ich alles geben werde, was ich habe. Dieses Spiel fasst meine Karriere ziemlich gut zusammen“, sagte der Australier nach der Niederlage auf seinem Lieblingsbelag. Am Kampfgeist habe es nie gelegen: „Ich lebe mit dieser Einstellung seit fast 20 Jahren. Ich bin stolz, da draußen alles gegeben zu haben.“
Hewitt war vor allem damit beschäftigt, seine Aufschlagspiele zu halten, er habe deshalb nicht daran gedacht, dass es sein letztes Match in Wimbledon sein könnte. Am Vortag sei er allerdings auf den Rängen des leeren Centre Court gesessen und habe versucht, alles noch einmal aufzusaugen. „Du hast dein ganzen Leben für die Möglichkeit gearbeitet, das Finale von Wimbledon zu spielen und den Pokal in den Händen zu halten. Im Tennis ist nichts damit vergleichbar.“
Hewitts absoluter Wille brachte ihm auf dem Platz nicht nur Freunde. Zuweilen schreckte er auch nicht davor zurück, Gegenspieler und Schiedsrichter zu provozieren. In seiner Heimat wurde er zwar akzeptiert, aber lang nicht geliebt. Tennis zählt in Down Under noch immer zu den beliebtesten Sportarten und mittlerweile wissen die Australier, was sie an Hewitt haben. Seine absolute Hingabe zum Sport wird bei den möglichen Nachfolgern Nick Kyrgios, 20, und Bernard Tomic, 22, oftmals vermisst.
Hewitt-Bezwinger Nieminen, 33, gibt ebenfalls seine Abschiedsvorstellung in Wimbledon. Er trifft am Mittwoch auf Titelverteidiger Novak Djoković – ein Duell, das auch Hewitt liebend gern bestritten hätte: „Natürlich bin ich enttäuscht, ich hätte gern gegen Novak gespielt.“ Auch für Tommy Haas könnte es der letzte Auftritt in London sein. Mit 37 Jahren ist der von Verletzungen geplagte Haas mit einem Erfolg über den Serben Dušan Lajović auf die Grand-Slam-Bühne zurückgekehrt und hat seinen ersten Major-Sieg seit fast zwei Jahren gefeiert. Haas ist nun der älteste Spieler seit Jimmy Connors 1991, der in Wimbledon ein Match gewonnen hat. Gegen den Vorjahres-Halbfinalisten Milos Raonic aus Kanada ist Haas am Mittwoch aber Außenseiter.
Thiem fehlt Rasenroutine
Nach seinem Auftaktsieg gegen den Israeli Dudi Sela trifft Dominic Thiem am Mittwoch auf Fernando Verdasco. Nach seiner Leistung nach Satz- und Breakrückstand gegen Sela darf er sich Hoffnungen machen, Verdasco fordern zu können. Der Spanier ist jedenfalls zu favorisieren. Verdasco hat an der Church Road vor zwei Jahren das Viertelfinale erreicht und musste sich dem späteren Turniersieger Andy Murray nach Zweisatzführung noch geschlagen geben. Mit 33 Wimbledon-Hauptfeldmatches ist Verdasco auch von der Rasenroutine klar im Vorteil. Einzig die Weltrangliste spricht für Thiem, da liegt Verdasco (43) um 13 Plätze zurück.
Thiem hat mit seinem insgesamt erst zweiten Sieg auf Rasen schon vor der heutigen Partie einiges erreicht. „Ich habe mich auf Rasen nie unwohl gefühlt. Es braucht jetzt einfach viele Matches. Es ist natürlich ganz anders, weil ich auf Sand aufgewachsen bin“, meinte der 21-jährige Niederösterreicher.
Tamira Paszek hat in Runde eins gegen die Australierin Casey Dellacqua in nur 56 Minuten 2:6, 2:6 verloren. Die Vorarlbergerin, die sich zuvor durch die Qualifikation gekämpft hatte, blieb gegen die Nummer 61 der Welt ohne Breakchance.
wimbledon ergebnisse
Herren, 1. Runde: Federer (SUI-2) – Dzumhur (BIH) 6:1, 6:3, 6:3. Nadal (ESP-10) – Bellucci (BRA) 6:4, 6:2, 6:4. Troicki (SRB-22) – Nedowjesow (KZK) 6:1, 6:4, 3:6, 6:3. Karlovic (CRO-23) – Ymer (SWE) 6:7(2), 6:2, 6:4, 7:6(2). Seppi (ITA-25) – Klein (GBR) 6:3, 6:2, 6:2. Fognini (ITA-30) – Smyczek (USA) 6:4, 6:3, 6:2. Ramos-Vinolas (ESP) – Istomin (UZB) 6:2, 6:2, 6:3. Bautista Agut (ESP-20) – Bemelmans (BEL) 6:1, 6:3, 7:6(6). Paire (FRA) –Juschnij (RUS) 6:4, 6:4, 6:3. Dolgopolow (UKR) – Edmund (GBR) 7:6(4), 6:1, 6:2. Brown (GER) – Yen-hsun (TPE) 3:6, 6:3, 7:5, 6:4.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2015)