Eugenie Bouchard macht nur noch abseits des Platzes eine gute Figur. Nach dem frühen Aus in Wimbledon droht die Vorjahresfinalistin an der hohen Erwartungshaltung zu zerbrechen.
London. Eugenie Bouchard galt als die legitime Nachfolgerin von Maria Scharapowa. Die blonde Kanadierin, 21, war nicht nur die sportliche Sensation des Tennisjahres 2014, sie wurde auch als die am besten vermarktbare Athletin der Welt gehandelt. Ihr Erstrunden-Aus in Wimbledon gegen die chinesische Qualifikantin Ying-Ying Duan (6:7, 4:6) besiegelte nun eine Saison voller Rückschläge für die Vorjahresfinalistin.
Nachdem Bouchard 2012 noch die Juniorenkonkurrenz von Wimbledon im Einzel und Doppel gewonnen hatte, begann im Vorjahr ihr Siegeszug auf der Damen-Tour mit Halbfinale in Melbourne und Paris und dem Finaleinzug in Wimbledon. Im Oktober war sie die Nummer fünf der Weltrangliste. Bouchard zierte unzählige Magazin-Covers, der Sportvermarkter IMG übernahm ihr Management. Während aber Vorbild Scharapowa seit Jahren mit Konstanz beeindruckt, muss sich Bouchard nun Vergleiche mit Anna Kournikowa gefallen lassen. Die Russin war zwar einige Wochen unter den Top Ten der Welt, sorgte aber mit Auftritten als Model und Werbeträgerin für mehr Aufsehen als mit sportlichen Erfolgen. Schließlich beendete sie mit gerade einmal 22 Jahren ihre Karriere.
„Irgendetwas explodiert“
Bouchard ist freilich nicht der erste junge Tennisprofi, der mit der Unbeschwertheit eines Neulings ein Sensationsjahr hingelegt hat und danach die Erwartungen nicht erfüllen kann. Die Herausforderung ist bekanntlich eine ganz andere, wenn man plötzlich nicht mehr der Jäger, sondern der Gejagte ist. Bouchard glaubte dennoch, ihr Höhenflug setze sich fort. „Ich habe eine gute, eine noch bessere Saison erwartet“, gab sie zu. Doch die Niederlage in Wimbledon war heuer bereits die achte Auftaktniederlage. Nach dem Viertelfinale in Melbourne kam sie nur noch in Indian Wells über die zweite Runde hinaus. Bouchard fällt nun aus den Top 20 der Weltrangliste.
„Ich bin sehr enttäuscht über die vergangenen Monate“, sagte sie nach dem Wimbledon-Aus. Es sei eine Zeit voller Stress gewesen, „all die großen Turniere, über die alle mit mir reden wollten“. Sie meint, dadurch reifer geworden zu sein. „Ich habe diese Welt kennengelernt, in der ich mich nun befinde – als Sportler, der mit sich ringt. Ich weiß, dass ich durch schwierige Zeiten gehen kann.“ Einen Bauchmuskelriss, der sie schon im Vorbereitungsturnier in Eastbourne zur Aufgabe gezwungen hatte, ließ Bouchard für die Niederlage nicht als Ausrede gelten. „Für mich stand außer Frage, in Wimbledon zu spielen, auch als mir abgeraten wurde.“
Ihr bestes Spiel zeigt Bouchard, wenn sie auf dem Platz instinktiv und risikoreich handeln kann. Dazu fehlt ihr derzeit das Selbstvertrauen, das unter dem Erfolgsdruck gelitten hat. Sie müsse es nun wieder finden, „denn ich weiß, dass ich gut spielen kann“. Irgendwie ist sie auch froh, dass Wimbledon vorbei ist. „Ich freue mich darauf, nicht jeden Tag auf die Punkte angesprochen zu werden, die ich verteidigen muss.“ Und wenn sich der Erfolg dann wieder einstellt, „wird er noch viel süßer sein“.
Bis dahin gelte es, geduldig zu bleiben. Auch bei ihrer Niederlage habe sie versucht, die Ruhe zu bewahren. „Ich hatte nicht vor, meinen Schläger zu zerstören. In Wimbledon geht das einfach nicht“, meinte Bouchard danach. „Aber es ist gut möglich, dass später noch irgendetwas explodiert.“
Wimbledon Ergebnisse
Herren, 2. Runde: Giraldo (COL) – Nishikori (JPN-5) w.o. Gasquet (FRA) – de Schepper (FRA) 6:0, 6:3, 6:3. Djokovic (SRB-1) – Nieminen (FIN) 6:4, 6:2, 6:3. Dimitrow (BUL-11) – Johnson (USA) 7:6(8), 6:2, 7:6(2). Goffin (BEL-16) – Broady (GBR) 7:6(3), 6:1, 6:1. Tomic (AUS-27) – Herbert (FRA) 7:6(3), 6:4, 7:6(5). Kyrgios (AUS-26) – Monaco (ARG) 7:6(5), 6:3, 6:4. Isner (USA-17) – Ebden (AUS) 6:2, 7:6(8), 6:4. Raonic (CAN-7) – Haas (GER) 6:0, 6:2, 6:7(5), 7:6(4).
Damen , 2. Runde: Dijas (KZK) – Sasnowitsch (BLR) 7:5, 6:1. Scharapowa (RUS-4) – Hogenkamp (NED) 6:3 6:1. Vandeweghe (USA) – Pliskova (CZE-11) 7:6(5), 6:4. Stosur (AUS-22) – U. Radwanska (POL) 6:3, 6:4. Begu (ROM-29) – Tsurenko (UKR) 7:5, 6:7(4), 7:5.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)