Federer vs. Djokovic: Im Angesicht der Demütigung

Der Halbfinal-Kracher der Australian Open zwischen Roger Federerund Novak Djokovic (im Bild) entwickelte sich schnell zu einer einseitigen Angelegenheit.
Der Halbfinal-Kracher der Australian Open zwischen Roger Federerund Novak Djokovic (im Bild) entwickelte sich schnell zu einer einseitigen Angelegenheit.(c) GEPA pictures
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Novak Djokovic steht nach einer Galavorstellung gegen Roger Federer im Finale von Melbourne. Für den Schweizer führte erneut kein Weg am Serben vorbei, zwei Sätze lang wurden die Zuschauer gar Zeugen einer Demontage.

Melbourne/Wien. Die Schwierigkeiten, wenn einem Roger Federer auf dem Tennisplatz gegenübersteht, hat Novak Djokovic einmal so zusammengefasst: „Das Schlimmste ist die Unberechenbarkeit. Roger hat diese Varietät in seinem Spiel. Was kommt als nächstes? Das lässt dich ständig herumraten.“ Beim jüngsten Duell der beiden in Melbourne hat Djokovic jedenfalls alles richtig erraten. Der Serbe zeigte sensationelles Tennis und zog mit einem überlegenen 6:1-6:2-3:6-6:3-Erfolg über Federer in sein sechstes Endspiel bei den Australian Open ein. Sein Finalgegner wird heute (9.30 Uhr, live Eurosport) zwischen Andy Murray und Milos Raonic ermittelt.

Gleichgültig wie der nächste Gegner heißt, nach seinem Halbfinal-Auftritt ist Djokovic der Favorit. Egal wie Federer die Ballwechsel gestaltete, Djokovic fand stets die passende Antwort, agierte mit ausgezeichnetem Service und beeindruckender Präzision. Die Nummer drei der Welt wurde phasenweise vorgeführt. Nach nur 22 Minuten war der erste Satz entschieden, nach insgesamt 54 Minuten auch Durchgang zwei. „Ich habe in den ersten beiden Sätzen auf unglaublichem Niveau gespielt. Aber genau das musst du auch tun, wenn du gegen Roger bestehen willst“, meinte Djokovic.

Debakel liegt in der Luft

Alles sah nach einer Demontage von Federer aus, Djokovic zeigte kein Erbarmen mit dem Rekord-Grand-Slam-Sieger, der ob der Ausnahmeleistung seines Gegners ähnlich chancenlos wirkte wie bei den bitteren Niederlagen gegen Rafael Nadal 2008 (French Open) und Marin Čilic 2014 (US Open).

Doch Federer bäumte sich noch einmal auf und erwies sich mit seinen 34 Jahren erneut als der härteste aller verbliebenen Konkurrenten für den sechs Jahre jüngeren Weltranglistenersten. Im Angesicht der Demütigung zeigte Federer sein bestes Tennis, zu Beginn des dritten Satzes entwickelte sich schließlich das erhoffte Duell auf Augenhöhe. Mit verwegenen Netzangriffen und der Unterstützung des Großteils der 15.000 Fans in der Rod-Laver-Arena (darunter Rod Laver selbst) schaffte der Schweizer ein Break und den Satzgewinn. „Ich habe so etwas wie ein Match daraus gemacht“, erklärte Federer.

Sein bisher letzter Sieg über Djokovic in einem Best-of-Five-Match gelang 2012 in Wimbledon. Danach setzte es ebendort zwei Finalniederlagen (2014, 2015) und eine weitere bei den US Open (2015). Auch diesmal war Djokovic nicht mehr aufzuhalten, nach 2:19 Stunden verwertete er den ersten Matchball. „Novak ist derzeit der Maßstab für alle. Er ist der Einzige, der mich in letzter Zeit stoppen konnte“, sagte Federer.
Im direkten Duell der beiden führt Djokovic nun 23:22. Zum ersten Mal in seiner Karriere liegt er damit in allen Vergleichen mit seinen großen Rivalen Federer, Nadal, Murray und Stan Wawrinka voran. „Roger und Rafael haben großen Anteil an meinem Erfolg. Gegen sie zu spielen hat mich zu einem besseren Spieler gemacht“, betonte Djokovic.

In Melbourne hat er in jedem seiner bisherigen fünf Endspiele am Ende auch triumphiert, hier hat er 2008 seinen ersten von zehn Major-Titeln gewonnen. Aktuell hält Djokovic bei bereits 20 gewonnen Grand-Slam-Partien in Folge. „Ich glaube, ich bin gerade auf dem Höhepunkt meiner Karriere.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2016)

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