Stan Wawrinka: Der Mann für die besonderen Momente

Szenerie des Glücks: Stan Wawrinka, 31, streckt den Siegerpokal gen den New Yorker Himmel.
Szenerie des Glücks: Stan Wawrinka, 31, streckt den Siegerpokal gen den New Yorker Himmel.(c) APA/AFP/JEWEL SAMAD
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Stan Wawrinka stieg in den vergangenen zweieinhalb Jahren zum dreifachen Grand-Slam-Champion auf. Die Stärke des 31-jährigen Schweizers in großen Endspielen ist außergewöhnlich.

New York/Wien. Stan Wawrinka war bislang nie die Nummer eins der Tenniswelt. Der Schweizer hat auch nicht annähernd so viele Erfolge gefeiert wie etwa seine ewigen Rivalen Novak Djoković, Rafael Nadal, Andy Murray oder Roger Federer. Dennoch ist der 31-Jährige aus Lausanne ein Phänomen, eine spezielle Erscheinung im Zirkus der Schlägerartisten. Mit dem heroisch erkämpften 6:7 (1), 6:4, 7:5, 6:3-Finalsieg über Titelverteidiger Djoković im Finale der US Open fügte Wawrinka seiner aufregenden Karriere einen weiteren Meilenstein hinzu.

Abseits des Platzes ist Wawrinka ein ruhiger Zeitgenosse, eher unscheinbar, der rote Teppich ist nicht sein bevorzugtes Metier. Wenn aber der erste Aufschlag das Spiel eröffnet, dann präsentiert sich der Rechtshänder von einer anderen, extrovertierteren Seite. Dann wird aus dem besonnenen Mann mit den so harten Schlägen „Stan the Man“ oder „Stanimal“. Diese Spitznamen trägt Wawrinka erst seit einigen Jahren, sie sind Teil seiner Geschichte. Lange Zeit galt der Doppelstaatsbürger – sein Vater ist Deutscher, seine Mutter Schweizerin – als hochtalentierter Mitläufer, als einer der führenden Protagonisten der zweiten Garde.

Das Gewinnen großer Titel war anderen überlassen, in der Heimat hatte ohnehin Federer stets alles überstrahlt. Mit dem Gewinn von Doppel-Gold an der Seite Federers bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking drängte auch Wawrinka erstmals in das Rampenlicht, auf Grand-Slam-Ebene wollte der Durchbruch allerdings erst sechs Jahre später gelingen.

In 960 Tagen alles verändert

Die Australian Open 2014 mutierten zu einer einmaligen Show des Eidgenossen, im Finale fertigte er den damaligen Weltranglistenersten Rafael Nadal ab, schon im Viertelfinale hatte er sich der Aufgabe Novak Djoković entledigt. Wawrinka, der Grand-Slam-Champion, stellte urplötzlich eine ganz andere, viel größere Herausforderung für seine Konkurrenten dar. Der Stilist mit der gewiss besten einhändigen Rückhand auf der Tour versteht es seitdem wie kein Zweiter, sich in einen sprichwörtlichen Rausch zu spielen. Ruft Wawrinka sein ganzes Können ab, funktionieren auch Körper und Kopf, dann ist er in seiner offensiven Ausrichtung von niemandem aufzuhalten. Die French Open 2015 dokumentierten dies eindrucksvoll. Djoković, damals nach seinem ersten Paris-Triumph lechzend, wurde vom famosen Schweizer phasenweise vorgeführt. Der Sport und der Gebrauch von Superlativen sind unweigerlich miteinander verbunden. Wawrinka, diesbezüglich waren sich alle Beobachter einig, agierte in Roland Garros nahe der Perfektion.

In New York, 960 Tage nach dem wegweisenden Triumph in Australien, krönte sich Wawrinka nun also zum dreifachen Grand-Slam-Sieger. Seine Bilanz in Major-Finals ist makellos, er ist der Mann für die besonderen Momente. Nicht minder beeindruckend ist die Tatsache, dass der Weltranglistendritte seine letzten elf Finalspiele seit Januar 2014 allesamt gewonnen hat. Und: Der einstige Underdog hat innerhalb von etwas mehr als zweieinhalb Jahren drei der vier wichtigsten Titel gewonnen, einzig der Wimbledon-Pokal fehlt in seiner illustren Sammlung.

Im Moment des Triumphs zog Wawrinka eine Zwischenbilanz seiner Karriere, die eine außergewöhnliche Wende genommen hat. „Zunächst wollte ich Profi werden, dann die Top 100, später die Top 50 erreichen. Ich hatte nie den Gedanken, die Nummer eins zu werden oder Grand Slams zu gewinnen. Ich will nur meine Grenzen austesten. Und ich will nichts bereuen.“

Zur Person

Stan Wawrinka hat bei den US Open seinen dritten Grand-Slam-Titel nach Australien 2014 und Paris 2015 gewonnen. In der dritten Runde stand der Schweizer im Spiel gegen den Briten Daniel Evans schon vor dem Aus, er wehrte einen Matchball ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)

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