Julian Knowle, ein Profi ohne Ablaufdatum

"Der Pokal von den US Open? Er verstaubt daheim, ich muss ihn mal wieder putzen", Julian Knowle.
"Der Pokal von den US Open? Er verstaubt daheim, ich muss ihn mal wieder putzen", Julian Knowle.(c) REUTERS (Dominic Ebenbichler)
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Doppelspezialist Julian Knowle tourt seit 25 Jahren um die Welt, ans Aufhören denkt der Vorarlberger, 43, noch nicht. „Ein Grand Slam ist immer etwas Spezielles.“

Paris. Als Julian Knowle 1992 Tennisprofi wurde, war Dominic Thiem noch nicht geboren. 25 Jahre später nehmen beide an den French Open in Paris teil. Knowle ist ein Evergreen, bestreitet im Stade Roland Garros sein bereits 61. Grand-Slam-Turnier. Im Rampenlicht stehen hier andere, der Vorarlberger kann praktisch unbeobachtet über die Anlage schlendern. Autogrammjäger haben es auf andere abgesehen.

Zum Glücklichsein braucht Knowle aber keine Unterschriften oder Selfies mit Fans, das Tennisspielen macht ihm mit 43 Jahren immer noch viel Spaß. Seine beste Zeit hat der schlaksige Linkshänder womöglich hinter sich, sie darf durchaus als glorreich bezeichnet werden. 2007 triumphierte er mit dem Schweden Simon Aspelin bei den US Open in New York und war damit der zweite Österreicher nach Thomas Muster (Paris 1995), der ein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte. Im selben Jahr stand er im Finale des Doppel-Masters in Schanghai, bereits 2004 drang er an der Seite des Serben Nenad Zimonjic bis in das Finale von Wimbledon vor. Die Erinnerungen daran sind frisch, selbst wenn die Geschehnisse lange zurückliegen. Der silberne Pokal für den US-Open-Sieg steht im Wohnzimmer hinter der Couch. „Ich muss ihn mal wieder putzen.“

Große Erfolge feierte Knowle ausschließlich im Doppel, wenngleich er auch auf eine beachtliche Einzelkarriere zurückblicken kann. Zur Nummer 86 steigt niemand ohne Talent und Fleiß auf, der Drittrundeneinzug beim Rasenklassiker in Wimbledon 2002 hatte ihn bis dorthin gebracht. Der Gegner war dann niemand geringerer als Lleyton Hewitt, der Weltranglistenerste. „Ich habe nachher erfahren, dass ich als erster Österreicher auf dem Centre Court in Wimbledon gespielt habe. Ganz ehrlich, ich war völlig überfordert mit der Situation, das Erlebnis aber war ein Wahnsinn.“

Weil sein Doppelranking (86) gegenwärtig nicht ausreicht, um permanent auf der ATP-Tour spielen zu können, muss Knowle vorwiegend an Challenger-Turnieren teilnehmen. Dort gibt es weniger Punkte, weniger Geld, mit dem letztwöchigen Finaleinzug im italienischen Mestre verdiente er bescheidene 775 Euro vor Abzug der Steuern. „Man muss kein Mathematikgenie sein, um zu verstehen, dass es auf Dauer so nicht geht“, erklärt Knowle, der sich nochmals nach oben spielen will. „Das Feuer in mir brennt noch. Dass ich mit 43 immer noch spielen kann, ist ein Privileg“, sagt er der „Presse“.

Am Dienstag erreichte Knowle in Paris mit dem Deutschen Florian Mayer die zweite Runde. Der Lohn: 10.500 Euro (brutto).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2017)

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