Thiem: Versteckte Qualitäten eines Weltklassespielers

Die Schläge von Dominic Thiem bei den French Open gewinnen an Qualität, eine weitere Steigerung ist aber unerlässlich.
Die Schläge von Dominic Thiem bei den French Open gewinnen an Qualität, eine weitere Steigerung ist aber unerlässlich.(c) REUTERS (GONZALO FUENTES)
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Ohne noch in Hochform agiert zu haben, erreichte Dominic Thiem in Paris erstmals ohne Satzverlust die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers. Die Aufgaben werden jetzt schwerer, "dafür hebe ich mir mein bestes Tennis auf".

Simone Bolelli ist ein begabter Tennisspieler. Platz470 in der Weltrangliste entspricht keineswegs dem Können des Italieners, der vor acht Jahren schon die Nummer 36 war. Eine Knieverletzung warf den Rechtshänder aus Bologna im Vorjahr heftig aus der Bahn, bei den French Open 2016 bestritt er sein letztes Saisonspiel. Es folgten eine unvermeidliche Operation und der Absturz ins Niemandsland der Weltrangliste. Seit Februar kämpft Bolelli wieder um den Anschluss, vier Siege inklusive Qualifikation in Paris helfen dabei.

Dass Bolelli im Stade Roland Garros kein wundersames Comeback-Märchen geliefert hat, ist Dominic Thiem zuzuschreiben. Der 23-Jährige bot im Zweitrundenspiel am Mittwochmittag nach anfänglichen Schwierigkeiten (0:3-Rückstand) eine solide Leistung, gewann nach 2:23 Stunden mit 7:5, 6:1, 6:3. Konnte Erstrundengegner Bernard Tomic noch nicht wirklich als Gradmesser herangezogen werden, traf diese Bezeichnung auf Bolelli nun schon eher zu.

Thiem und das gute Gefühl

Der 31-jährige Routinier wehrte sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, brachte mitunter sehenswerte Gewinnschläge an, gegen Thiems Klasse war er letztlich aber chancenlos. Dabei spielte der Weltranglistensiebente gewiss nicht sein bestes Tennis, es mangelte speziell an der Chancenverwertung – von 30Breakmöglichkeiten ließ er 24 ungenutzt. Auch die Quote beim ersten Aufschlag (47 Prozent) war verbesserungsfähig. Gegen Topspieler würden ihm solche Statistiken Probleme bereiten, vermutlich in die Niederlage laufen lassen. „Das war sicher nicht mein bestes Match“, sagte Thiem, aus dem dennoch das in den vergangenen Wochen aufgebaute Selbstverstrauen sprach. Letztmals eine wirklich mäßige bis schwache Leistung bot er im Achtelfinale von Monte Carlo, als er dem Belgier David Goffin unterlag. Diese Niederlage liegt nun bereits sechs Wochen zurück. Seitdem wurde intensiv am Spiel gefeilt, so manche Unsicherheit im Training mit Günter Bresnik ausgemerzt. „Ich fühle mich jetzt bei jedem Schlag wohl.“

Ein langer Weg

Erstmals steht Thiem ohne Satzverlust in der dritten Runde eines Grand Slams, ohne noch in absoluter Hochform agiert zu haben. Auch das ist eine Qualität, die die Weltklasse verbindet. Sich mit jeder Aufgabe zu steigern, an ihr zu wachsen ist eine hohe Kunst. Thiem sagt: „Die wirklich guten Leistungen hebe ich mir für später auf.“ Und die nächsten Aufgaben werden gewiss noch größer.

Die Auslosung bescherte ihm mögliche Duelle mit Goffin (Achtelfinale), Novak Djoković (Viertelfinale) und Rafael Nadal (Halbfinale), zunächst aber wartet am Freitag der US-Amerikaner Steve Johnson. Der 27-Jährige aus Orange, Kalifornien, erreichte nach Siegen über Yuichi Sugita (JPN) und Borna Ćorić (CRO) die Runde der letzten 32. Für Johnson ist das durchaus als Erfolg zu werten. Denn der Weltranglisten-26. fühlt sich auf schnelleren Plätzen unbestritten wohler, Sand ist nicht sein favorisierter Belag, wenngleich er Mitte April in Houston seinen ersten Turniersieg auf roter Asche feiern konnte. Thiem zeigte sich also gewarnt. „Ein sehr gefährlicher Spieler mit einem super Aufschlag und einer der besten Vorhände.“ Thiem wird sich steigern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2017)

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