Thiem: Eine breite Palette an Varianten und Schlägen

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TENNIS-GBR-WIMBLEDONAPA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS
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Dominic Thiem ist als Rasenspieler gereift. Am Montag könnte er gegen Tomas Berdych als erster Österreicher das Viertelfinale von Wimbledon erreichen.

Nach Enttäuschungen in den vergangenen Jahren (zweimal 2. Runde, einmal 1. Runde) beweist Dominic Thiem bei seinem vierten Antreten nun auch erstmals in Wimbledon seine Klasse. Der Niederösterreicher wurde in der ersten Turnierwoche in jedem seiner Matches der Favoritenrolle gerecht, einzig gegen Gilles Simon gab Thiem bislang einen Satz ab. Die Rückschläge bei den Vorbereitungsturnieren in Halle und Antalya – der 23-Jährige konnte nur ein einziges Spiel gewinnen – haben keinen negativen Einfluss auf die Leistungen beim dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres. Im rechten Moment in absoluter Topform zu agieren, auch das ist ein Qualitätsmerkmal absoluter Weltklassespieler.

Dass Thiem auch auf Rasen imstande ist, auf allerhöchstem Niveau zu agieren, bewies er bereits im Vorjahr mit dem Gewinn des Titels in Stuttgart, wo er unter anderem Roger Federer schlug. In Wimbledon aber konnte der Schützling von Günter Bresnik in der Vergangenheit noch nie überzeugen. Allerdings, Thiem ist als Spieler gereift, er verfügt nun über eine breitere Palette an Schlägen und Varianten. Mit 224?km/h hat der Lichtenwörther den bislang drittschnellsten Aufschlag des Turniers serviert, nur der Georgier Nikolos Basilaschwili (230 km/h) und der Kanadier Milos Raonic (228 km/h) schlugen noch schneller auf.

Volleyspiel stark verbessert

Thiems Spiel auf Rasen definiert sich freilich nicht nur über einen harten Aufschlag. Der Weltranglistenachte hat sein Gesamtpaket an Schlägen adaptiert, er agiert bei der Vorhand mit etwas weniger Spin als üblich, sein guter Rückhand-Slice dient als taktisches Mittel. Bemerkenswert ist auch Thiems Steigerung beim Volley. Insgesamt 79 Mal war der Rechtshänder in den ersten drei Matches am Netz aufgetaucht, zu 69 Prozent schloss er den Ballwechsel erfolgreich ab. Ein Umstand, der gewiss auch auf zahlreiche Doppelauftritte in den vergangenen zwei Jahren zurückzuführen ist.

Der Gewinner von acht ATP-Turnieren fühlt sich wohl in Wimbledon, er strahlt auf dem Platz Zuversicht und Selbstvertrauen aus. Sand wird zwar stets Thiems Lieblingsbelag bleiben, mit Rasen aber hat er sich längst angefreundet – etwas, das Thomas Muster nie gelingen sollte. Der ehemalige Weltranglistenerste hatte bei vier Starts in Wimbledon nicht ein einziges Match gewonnen.

Historische Chance

Mit dem Erreichen der zweiten Woche hat Thiem nun bei allen vier Grand Slams zumindest einmal das Achtelfinale erreicht. In Wimbledon ist er nach Hermann Artens (1931), Hans Redl (1947), Alexander Antonitsch (1990) und Jürgen Melzer (2010, 2013) der fünfte Österreicher, der beim prestigeträchtigsten Turnier der Welt die Runde der letzten 16 erreicht hat. Heute (3. Spiel nach 12.30 Uhr, live in Sky) könnte Thiem sogar Historisches leisten, das Viertelfinale hat bislang nämlich noch kein ÖTV-Spieler erreicht.

In den Weg stellt sich mit Tomáš Berdych ein Rasenkönner, der Tscheche hatte 2010 nach Siegen über Federer und Novak Djoković sein einziges Grand-Slam-Finale erreicht (Niederlage gegen Rafael Nadal) und stand 2016 im Halbfinale (Niederlage gegen Andy Murray). Auch heuer präsentiert sich Berdych stark, nach Siegen über Jeremy Chardy, Ryan Harrison und David Ferrer steht der an Position elf gesetzte Rechtshänder zum bereits achten Mal im Wimbledon-Achtelfinale.

Thiem und Berdych trafen bislang erst einmal aufeinander, im Achtelfinale der US Open 2014 – dem ersten Major-Achtelfinale von Thiem überhaupt – siegte der Tscheche glatt in drei Sätzen. Der Österreicher ist mittlerweile ein gestandener Top-10-Spieler, Berdych ist dies nach sechs erfolgreichen Jahren seit wenigen Wochen nicht mehr. Auch deshalb hatte der Weltranglisten-15. vor den French Open die Zusammenarbeit mit Trainer Goran Ivanišević für beendet erklärt. Thiem jedenfalls sieht sich gerüstet, er sagt: „Ich bin bereit.“

("Die Presse", Printausgabe 10.7.2017)

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