Karen Chatschanow, 22, und Kyle Edmund, 23, lieferten zuletzt einen Vorgeschmack darauf, wie die zukünftige Weltspitze wohl aussehen wird. Lob von höchster Stelle haben sich beide bereits abgeholt, nun schlagen sie in Wien auf.
Wien. Zwei frischgebackene Turniersieger greifen am Mittwoch in der Wiener Stadthalle ins Geschehen ein. Karen Chatschanow, 22-jähriger Russe, und Kyle Edmund, 23-jähriger Brite, sind nicht nur mit entsprechendem Selbstvertrauen zu den Erste Bank Open gekommen, sie sind auch die Vorboten eines Generationenwechsels an der Spitze des Männertennis.
Chatschanow fertigte am Sonntag in seiner Geburtsstadt Moskau Finalgegner Adrian Mannarino 6:2, 6:2 ab. Der ehemalige Schützling von Thiem-Coach Galo Blanco sprach von einem wahr gewordenen Traum und stieß mit seinem dritten ATP-Titel erstmals in die Top 20 der Welt vor (ATP 19). Im gesamten Turnier hat Chatschanow nur ein Break kassiert, Aufschlag und Vorhand sind seine großen Waffen. „Der ist in richtig guter Form“, meinte der Niederösterreicher Dennis Novak, der dank einer Wildcard am Mittwoch zum Auftakt auf den 1,98 Meter großen Russen trifft und als Weltranglisten-137. klarer Außenseiter ist. Schon Rafael Nadal lobte nach einem hart erkämpften Sieg über Chatschanow bei den US Open dessen Disziplin: „Das ist eine große Stärke von ihm. Mit dieser Einstellung wird er bestimmt viel Erfolg haben.“
Auch Edmund hat bereits die Auszeichnung von oberster Stelle erhalten. Novak Djoković befand unlängst: „Er hat definitiv die Anlagen, um auf dem höchsten Level zu bestehen.“ Der Brite legt nicht nur wegen seines Australian-Open-Halbfinales heuer das beste Jahr seiner Karriere hin, in Wien hat Edmund auch seinen ersten ATP-Titel mit im Gepäck. Am Sonntag bezwang er im Endspiel von Antwerpen Gaël Monfils 3:6, 7:6 (2), 7:6 (4) und fand sich danach auf Platz 14 der Weltrangliste wieder. In Wien bekommt er es mit Diego Schwartzman zu tun, die Dichte des Teilnehmerfelds beschert der Stadthalle am Mittwoch ein Erstrundenduell zwischen den Nummern 14 und 17 des Rankings.
Der dritte Champion der vergangenen Woche schlägt zwar gerade in Basel auf, steht aber auch in einer Reihe mit Chatschanow und Edmund. Stefanos Tsitsipas, der am Sonntag in Stockholm seinen ersten ATP-Turniersieg eingefahren hat, ist überhaupt erst 20 Jahre alt. Der Grieche ist die neue Nummer 16 der Welt.
Die letzten Hindernisse
Zwar waren es „nur“ 250-Turniere, die die junge Garde da abgeräumt hat, ein Vorgeschmack auf die Kräfteverhältnisse der Zukunft war es dennoch. Fünf Spieler zwischen den Plätzen zehn und 20 der Weltrangliste sind nun unter 25 Jahren, neben Chatschanow, Edmund und Tsitsipas lauern noch der 21-jährige Kroate Borna ?orić (ATP 13), der in Wien bereits in der zweiten Runde steht, und der 22-jährige Russe Daniil Medwedew (20).
Was den Jungen noch fehlt, ist der Durchbruch bei den Grand-Slam-Turnieren, in Best-of-five-Partien ist die Erfahrung der Top-Ten-Spieler (dort sind nur drei Profis unter 30 Jahren) immer noch Trumpf. (joe)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2018)