Endstation Sehnsucht: Thiem in Wien gescheitert

TENNIS ATP ERSTE BANK OPEN: THIEM
TENNIS ATP ERSTE BANK OPEN: THIEMAPA/HANS PUNZ
  • Drucken

Dominic Thiem ist am Nationalfeiertag in einer ausverkauften Stadthalle im Viertelfinale des Erste Bank Open gegen den Japaner Kei Nishikori ausgeschieden.

Wer erst am Freitag auf die glorreiche Idee kam, in der Wiener Stadthalle Tennis sehen zu wollen, der wurde bitter enttäuscht. Der Viertelfinalfinaltag bei den Erste Bank Open war restlos ausverkauft, 9200 Zuschauer pilgerten an den Vogelweidplatz, die Kulisse passte. Den Massen auf den Rängen war am Nationalfeiertag nach Feiern zumute, Kei Nishikori aber erwies sich als Partyschreck.

Mit 6:3, 6:1 fertigte der Japaner Lokalmatador Dominic Thiem in nur 1:08 Stunden Spielzeit ab, über weite Strecken verlief dieses Spiel wie auf einer schiefen Ebene. Thiem hatte tags zuvor bestimmt darauf hingewiesen, dass der Asiate wieder „nahe an seiner Topform“ agiere. Tennisprofis verfolgen nicht bloß die Ergebnisse ihrer Konkurrenten, sie beobachten einander gegenseitig im Training, von Zeit zu Zeit teilt man in der Vorbereitung auf ein Turnier auch den Court, spielt Trainingssätze. Nishikori, das war Thiem schon vor längerer Zeit aufgefallen, habe seit einigen Wochen wieder dieses spezielle Gefühl für Ball und Schläge. Mit schier schlafwandlerischer Sicherheit schlug der 28-Jährige gegen Thiem die Filzkugel über das Netz, wieder und wieder.

Mal suchte und fand er sein Glück in der Offensive, ein anderes Mal erwies er sich als unüberwindbare Ballwand. Nur Djokovic, Nadal und Murray verfügen über vergleichbare Defensivqualitäten. Erst nach 23 Minuten gelang Thiem sein erster Gamegewinn, es war jener zum 1:5 im ersten Satz und zugleich der Beginn einer Aufholjagd, die keine Krönung erfuhr.

Beim Stand von 3:5 fand der Niederösterreicher drei Breakchancen vor. Hätte Thiem eine davon verwertet, das Spiel hätte womöglich eine Wende erfahren. Es blieb bei der Theorie. Nishikori machte fünf Punkte in Folge, gewann den Satz mit 6:3 und blieb beim 6:1 im zweiten Satz völlig unantastbar. „Ich habe heute sehr gutes Tennis gespielt“, erklärte der Weltranglistenelfte, der Schwächen bei seinem Kontrahenten ausgemacht hatte. „Dominic hat mir mit seinen Schlagfehlern Möglichkeiten verschafft.“

"Dann ist so ein Resultat möglich"

Tatsächlich blieb Thiem hinter den Erwartungen zurück. Der Bresnik-Schützling brachte nur 52 Prozent seiner ersten Aufschläge ins Feld (Nishikori 67 Prozent), bei seinem zweiten Aufschlag machte er nur 27 Prozent der Punkte. „Das ist inferior“, meinte Thiem nüchtern. Auch beim Return offenbarte er Schwächen, generell sei Nishikori ein Spielertyp, der „mir sehr weh tun kann, weil er die Bälle früh nimmt, meine Waffen entschärft.“ Wenn Thiem einen schlechten und ein Gegner des Formats von Nishikori einen sehr guten Tag erwische, dann sei „auch so eine Resultat möglich.“ Im heutigen Halbfinale trifft Nishikori auf den Kasachen Michail Kukuschkin.

Die hohe Erwartungshaltung der Fans habe keine direkte Auswirkung auf seine Leistung gehabt, versicherte Thiem. „Aber natürlich ist es bitter, so eine Klatsche zu bekommen, wenn mich die Leute siegen sehen wollen.“ Thiem wartet damit weiterhin auf seinen ersten Halbfinaleinzug in Wien, 2013 hatte er schon einmal das Viertelfinale erreicht. Der Weltranglistensiebente tritt nun kommende Woche beim ATP-1000-Event in Paris an. Seine Chancen auf die World-Tour-Finals-Teilnahme der acht besten Spieler des Jahres in London (ab 11. November) stehen weiterhin gut.

("Die Presse", Printausgabe 27.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.