Lindsey Vonns mysteriöses Leiden

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Der geheimnisvolle Umgang mit dem Spitalsaufenthalt der US-Amerikanerin nährt Gerüchte, dass nicht „starke Darmschmerzen“, sondern psychische Probleme der Grund sind.

Vail/Wien. Zum Saisonauftakt lieferte Lindsey Vonn mit der Ankündigung, zukünftig bei Herrenrennen starten zu wollen, den Gesprächsstoff. Nun sorgt der US-Star mit einem rätselhaften Krankenhausaufenthalt für Schlagzeilen. Seit Montagabend befindet sich Vonn in Vail in medizinischer Behandlung, erst einen Tag später nannte Sprecher Kay Lewis „starke Darmschmerzen“ als Grund.

Neben der zögerlichen Vorgehensweise lassen vor allem Wortmeldungen aus Vonns Umfeld vermuten, dass dahinter noch mehr steckt. So eröffnete Head-Servicemann Heinz Hämmerle den US-Medien, dass die 28-Jährige das Krankenhaus in Vail bereits zum zweiten oder dritten Mal aufsuchte. „Es ist aber das erste Mal, dass sie über Nacht bleibt. Sie erzählte mir, dass sie sich schlecht fühle und klagte über Schmerzen im gesamten Körper“, sagte Hämmerle, der jedoch auch nichts Genaueres über die Hintergründe sagen konnte oder wollte. „Die Trainer wissen auch nicht mehr. Immer wieder wurde mir gesagt, dass wir bald wieder trainieren werden.“ Tatsächlich habe Vonn aber seit ihrem Ausfall im Riesentorlauf in Sölden (27. Oktober) kein Training mehr bestritten. „Wir wissen nichts Neues, also sind wir einigermaßen besorgt“, sagt der österreichische Head-Rennchef Rainer Salzgeber.

Hämmerle und Salzgeber bestätigten, dass Vonn nicht wegen einer Skiverletzung oder Knochenbrüchen behandelt wird. Dies nährt Gerüchte und Spekulationen, wonach die US-Amerikanerin gar unter psychischen Problemen leide. Zusätzlich zum Erfolgsdruck soll vor allem die Scheidung sowie die Steuernachforderungen von 1,3 Millionen Dollar die 28-Jährige weit stärker mitgenommen haben, als sie nach außen hin zeigte. Einige Medien diagnostizierten bereits Depressionen oder Burn-out. Angesichts der mysteriösen Umstände lässt sich auch Vonns Rückkehr in den Weltcup nicht voraussagen. Offiziell hatte die US-Amerikanerin den Slalom in Levi ausgelassen, um sich auf die Heimrennen in Aspen (24./25. November) vorzubereiten. Sollte die vierfache Gesamtweltcup-Siegerin nun doch länger ausfallen, steht nicht nur die Titelverteidigung, sondern eventuell auch die WM in Schladming im Februar auf dem Spiel.

Herren auf Übersee fokussiert

Während hinter Vonns Start bei den Übersee-Speed-Rennen somit ein großes Fragezeichen steht, ist ein Start von Marcel Hirscher in Lake Louise definitiv ausgeschlossen. Der 23-Jährige verzichtet freiwillig auf den Super-G in Kanada. „Es war ohnehin nie wirklich ein Thema“, beendete ÖSV-Herrenchef Mathias Berthold vor dem Abflug die anhaltenden Gerüchte über Hirschers Start. Vielmehr bereite sich der ÖSV-Star auf die darauffolgenden Rennen in Beaver Creek vor, denn dort wird er im Super-G sein Debüt auf der berüchtigten „Birds of Prey“-Piste geben. Trotz der anspruchsvollen Strecke macht sich Berthold keine Sorgen um seinen Schützling: „Marcel hat jetzt doch schon einige Super-G absolviert, er fühlt sich wohl und hat einen Riesenspaß.“

Im Gegensatz dazu ist Benjamin Raich in Lake Louise für Abfahrt und Super-G gesetzt. Der 33-jährige Routinier macht in Speed-Bewerben eine immer bessere Figur. Nach 35 Weltcup-Siegen in Technik- und Kombi-Bewerben gewann Raich im vergangenen Februar im 15. Weltcup-Jahr seinen ersten Super-G. Berthold rechnet sich schon für Kanada Chancen auf den zweiten Sieg aus: „Benni hat in Südamerika einen guten Eindruck hinterlassen. Außerdem hat er Lake Louise sehr gerne, dort taugt es ihm immer. Ich bin überzeugt, die riesigen Zeitrückstände in den ersten Abfahrten sind Geschichte.“

Auf einen Blick

Lindsey Vonn liegt seit Montagabend im Spital von Vail. Erst einen Tag später wurden „starke Darmschmerzen“ als Grund genannt. Die unklaren Umstände sowie Aussagen aus Vonns Umfeld ließen Spekulationen über psychische Probleme aufkommen. Erfolgsdruck, Steuernachforderungen und Scheidung seien der Auslöser.

Vonns Rückkehr in den Weltcup steht nicht fest, ihr letztes Rennen bestritt sie Ende Oktober in Sölden. [EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2012)

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