Ein Teenager auf dem Slalomthron

Die 17-jährige US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin ist die Senkrechtstarterin dieses Skiwinters.

Sie ist derzeit die Schnellste im Stangenwald, die erste Doppelsiegerin im Slalom, Führende in der Disziplinenwertung. Die erst 17-jährige US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin bestieg nach ihrem Triumph auf dem Bärenberg von Zagreb den Thron, man setzte ihr sogar ein Krönchen auf – und sie ließ den Champagner spritzen. Shiffrin besticht mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit, das macht sie für die Konkurrenz so gefährlich. Nur zwei Wochen nach ihrem Sieg im schwedischen Åre feierte sie ihren zweiten Weltcuperfolg, schlüpfte erneut ins rote Trikot der Torlauf-Führenden.

Der Stern der 17-jährigen „Snow Queen“ ging nicht erst in Zagreb auf, aber auf dem Sljeme erfolgte die endgültige Bestätigung. Mikaela Shiffrin gilt auch bei der Weltmeisterschaft in Schladming als ganz heißes Eisen, wenn nicht sogar als Gold-Mitfavoritin. Ihr Vorsprung auf die zweitplatzierte Schwedin Frida Hansdotter betrug fast 1,2 Sekunden. Eine halbe Ewigkeit im üblichen Kampf um Hundertstel. Ausgeschieden hingegen erstmals in dieser Saison: Tina Maze. Die im Gesamtweltcup führende Slowenin scheiterte ausgerechnet auf jenem Kurs, der von ihrem Trainer Livio Magoni ausgeflaggt worden war.

Mikaela Shiffrin ist in Zagreb bei doch eher frühlingshaften Temperaturen am besten zurechtgekommen. Die Schneeverhältnisse waren gewöhnungsbedürftig, für die US-Amerikanerin allerdings kein Problem. Vor allem im ersten Durchgang fühlte sie sich offenbar heimisch, den hatte ihr Trainer Roland Pfeifer ausgesteckt. „Ich hatte zwar in diesem Winter noch nie eine perfekte Fahrt“, sagt sie, „aber es war ein guter, ein schneller Lauf. Es hat Spaß gemacht!“ Von Nervosität war jedenfalls keine Spur, der Teenager strotzte nur so vor Selbstvertrauen. Als man ihr die Krone aufsetzte, strahlte sie bis über beide Ohren. „Ich denke, sie passt perfekt, und ich sehe damit wirklich gut aus.“

Der Stil von Marlies Schild. Shiffrin verfügt über außergewöhnliches Talent, ihre Erfolge hieven sie in neue Sphären. Viele sehen in der unbekümmerten Tochter eines Narkose-Arztes und einer Krankenschwester bereits die legitime Nachfolgerin von Lindsey Vonn. Derlei Prognosen nimmt der Trainerstab mit Chefcoach Alex Hödlmoser und dessen österreichischer Landsmann Roland Pfeifer, der die amerikanischen Technikerinnen betreut, nur mit einem erfreuten Lächeln zur Kenntnis. Vorerst gilt die Konzentration nur den technischen Disziplinen (Slalom, Riesentorlauf), erst später sollen Einsätze in den Speed-Disziplinen dazukommen. Aber bereits im Sommer hat Mikaela Shiffrin versucht, sich dem Super-G zu nähern.

Die Karriere der US-Amerikanerin verläuft beinahe explosionsartig: Vor zwei Jahren ist sie noch bei Kinderrennen im Einsatz gewesen, jetzt darf sie sich als erfolgreichste Slalomfahrerin dieses WM-Winters bezeichnen. 2007 und 2008 hat sie beim Whistler Cup, einem der großen Nachwuchsbewerbe, insgesamt fünf Titel eingeheimst. 2010 gewann sie die Trofeo Topolino, ein Jahr später triumphierte Shiffrin bereits bei den US-Meisterschaften.

Das „Wunderkind“ stammt aus Vail, orientiert hat sie sich immer an den Besten. Manche behaupten, Mikaela Shiffrin versucht den Stil der derzeit verletzten Marlies Schild zu kopieren. „Sie fährt perfekt“, zeigt sich die Zagreb-Queen von der Österreicherin sehr angetan. „Ich habe ihre Läufe sehr oft studiert und analysiert.“ Schild selbst sieht auch Ähnlichkeiten. „Ein bisserl etwas kann ich da auch von mir, von meiner Technik entdecken.“

Auf Skiern steht Shiffrin seit ihrem zweiten Lebensjahr, seit einigen Jahren ist Exrennläufer Kilian Albrecht ihr Manager. „Als ich einmal mit ihr in Vail trainierte, dachte ich mir: Die fährt schon so gut wie Damen, die seit drei Jahren FIS-Rennen bestreiten. Sie ist von Haus aus ein Megatalent, dazu hat sie in der Burke Mountain Valley School (in Vermont) eine extrem starke Technik gelernt. Obendrein ist Mikaela äußerst fleißig.“

Die Schule läuft für Shiffrin nebenbei, Prüfungen werden via Internet absolviert. Manchmal hilft auch die Mutter. Deutsch probiert sie allein zu studieren – im Europaquartier im Ötztal. Dort ist das „Wunderkind“ keine Unbekannte mehr. „Nur in die Nachrichten daheim schaffe ich es nicht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2013)

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