„Amerikaner wollen immer die Besten sein“

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US-Alpindirektor Patrick Riml spricht über das außergewöhnliche Talent von Mikaela Shiffrin, die großen Pläne von Bode Miller und erklärt, warum es normal ist, nicht für den ÖSV zu arbeiten.

Die Presse: Die bisherige Saisonbilanz der US-Damen ist beeindruckend. Sechs Siege, 13 Podestplätze: Haben Sie diese Erfolge erwartet?

Patrick Riml: Solche Erfolge kann man nicht erwarten, obwohl die USA schon in den letzten drei, vier Jahren die stärkste Mannschaft im Speed-Bereich gestellt haben. Die Zahlen sind in der Tat unglaublich. Von unseren sechs Abfahrerinnen sind diese Saison schon fünf auf das Podest gefahren. Für die WM bedeutet das: Wer nicht zumindest einen Podestplatz vorweisen kann, fährt nicht mit.

Hat die Mannschaft den Leistungsplafond damit erreicht oder ist es vielmehr erst der Anfang einer langen US-Erfolgsgeschichte?

Die Damen haben Blut geleckt. Speziell von den jungen Läuferinnen darf man in Zukunft noch mehr erwarten. Leanne Smith ist 25, Alice McKennis 23, Mikaela Shiffrin überhaupt erst 17. Für die nächsten Jahre sind wir sehr gut aufgestellt.

Shiffrin ist der Shootingstar der Szene, führt sogar die Slalomwertung an.

Ihre skitechnischen Grundvoraussetzungen sind außergewöhnlich. Für ihr junges Alter ist sie schon sehr weit. Sie bringt diese Leichtigkeit beim Skifahren mit, die haben nicht viele. Und was ungemein wichtig ist: Skifahren bedeutet ihr alles. Sie jammert auch nicht, wenn es in die Kraftkammer geht.

Sehen Sie in ihr auch eine potenzielle Gesamtweltcupsiegerin?

Das ist unser langfristiges Ziel, aber alles soll Schritt für Schritt passieren. Wir wollen sie nicht verheizen. Nach dem Slalom haben wir diese Saison das Riesentorlauftraining intensiviert, als nächstes kommt der Super-G dran. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird sie auch dort starten. Shiffrin soll eine Allrounderin werden.

Es ist auffällig, wie gut die Damen in einer Einzelsportart zu harmonieren scheinen.

Das ist eine große Stärke dieser Truppe. Nach dem Abfahrtssieg von Alice McKellis waren alle anderen Damen bei der Siegerehrung, haben sich mit ihr gefreut. Das Teamgefüge ist fantastisch. Das fängt bei den Trainern an und hört bei den Athletinnen auf.

Wie groß ist Ihr Anteil am US-amerikanischen Skimärchen?

Ich sehe mich einfach als Teil des Teams. Meine Arbeit deckt ein weites Spektrum ab. Wenn Trainer vor dem Rennen ein Feedback bezüglich der Strecke benötigen, dann bekommen sie das. Ich stehe lieber auf der Strecke anstatt im Büro zu sitzen, auch wenn das vielleicht nicht dem typischen Bild des Alpindirektors entspricht.

Verfolgen Sie als solcher eine Vision?

In den USA zählen Olympische Spiele brutal viel. Der Slogan lautet „Best in the world“. Amerikaner wollen immer die Besten sein, speziell bei Olympia. In Vancouver 2010 waren wir das erstmals, haben als Alpine sieben Medaillen beigetragen. Genau das gleiche Ziel haben wir für Sotschi 2014.

Und für die WM in Schladming?

Wir wollen nach Möglichkeit in jedem Rennen eine Medaille holen. Realistisch sind fünf bis sieben.

Die Damen haben den Herren allerdings etwas voraus, vor allem die Breite an starken Athleten.

Ted Ligety nimmt eine Ausnahmestellung ein, aber auch dahinter gibt es Jungs, die das nötige Potenzial mitbringen. Steven Nyman hat in Gröden gewonnen, Marco Sullivan wurde in Lake Louise Dritter. Auch Travis Ganong zeigt aufsteigende Form. Wir entwickeln uns in die richtige Richtung. Aber eines steht außer Frage: Bode Millers Ausfall schmerzt. Er war in den letzten Jahren immer für Medaillen und Podestplätze gut.

Miller wird aufgrund seiner Knieprobleme höchstwahrscheinlich auch nicht an der WM teilnehmen. Glauben Sie noch an ein Comeback?

Die Chance auf eine WM-Teilnahme ist tatsächlich sehr gering, eine endgültige Entscheidung wird in den nächsten zwei Wochen fallen. Aber bei einer Sache bin ich mir ganz sicher: Bode kommt auf jeden Fall wieder. Das Wichtigste ist, dass er völlig gesund wird. Wenn Bode an den Start geht, will er gewinnen. Sotschi ist sein großes Ziel, dort will er sich auf Abfahrt und Super-G konzentrieren. Und wenn Sotschi ganz gut läuft, ist die Chance groß, dass er noch ein Jahr bis zur Heim-WM in Vail anhängt.

Sie leisten sehr gute Arbeit: Warum nicht für den ÖSV?

Ich habe drei Jahre als ÖSV-Gruppentrainer gearbeitet, danach zwei Jahre Claudia Riegler betreut. 2010, als Toni Giger die ÖSV-Herren verlassen hat, gab es Gespräche, der Verband hat sich schließlich aber für Mathias Berthold als neuen Cheftrainer entschieden. Sie müssen eines wissen: Die Trainerausbildung in Österreich ist fantastisch. Es gibt ein Überangebot an guten Trainern. Dass dann einer zu einem ausländischen Verband wechselt, ist doch normal. Ich sehe momentan keinen Grund, etwas anderes zu machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2013)

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