Die Gran Risa, der Mensch und die Maschine

Ted Ligety
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Der Hang von Alta Badia hat für die Riesentorläufer einen ganz besonderen Reiz. Top-Favorit ist wieder einmal der US-Amerikaner Ted Ligety, Marcel Hirscher aber will nicht lockerlassen.

Gran Risa – da schnalzen die echten Riesentorlaufspezialisten mit der Zunge. Was für die alpinen Abfahrer die Klassiker und Big 5 sind, das ist Alta Badia für die Meister des feinen Schwungs. Ein Monsterrennen mit einer Länge von 1255 Metern, das Durchschnittsgefälle beträgt 36 Prozent. Auf diesem berühmten Hang ist schon vielen Stars die Luft ausgegangen, weil es ohne Kraftakt nicht möglich ist, diesen Riesentorlauf erfolgreich zu bewältigen. Nicht selten verlassen die Athleten im Zielraum die Kräfte, auch ein Alberto Tomba ist dort mehrmals wie ein Käfer auf dem Rücken gelegen. Gefeiert von tausenden Fans. Aber auch einen anderen Hausherrn hat man hier schon hochleben lassen. Massimiliano Blardone hat den Riesentorlauf von Alta Badia dreimal gewonnen.

Atemberaubend.
Die Gran Risa gilt also als besondere Herausforderung. Auch für einen Ted Ligety. Der US-Amerikaner ist im Riesenslalom seit Jahren die dominierende Erscheinung, in Alta Badia hat er bislang zweimal (2010 und 2012) gewonnen. Er versteht es, die Konkurrenz richtiggehend zu schockieren, so rasant ist er unterwegs. 19 Weltcupsiege hat der 29-Jährige aus Salt Lake City zu Buche stehen, jeden einzelnen davon hat er im Riesentorlauf errungen. Die Vorsprünge, die er dabei mitunter herausfährt, sind atemberaubend, lösen Bewunderung aus. Oder eben Kopfschütteln.

Ted Ligety hat sich das Image des Außerirdischen eingehandelt. Schließlich hat er in jener Disziplin, die als Mutter aller Disziplinen gilt, schon alles gewonnen. Viermal hat er sich diesen Spezialweltcup geholt, er ist regierender Weltmeister im Riesenslalom, so nebenbei auch im Super-G und in der Super-Kombination. Was ihm fehlt, das ist in seiner Königsdisziplin Olympia-Gold. Eines hat er daheim, aber die Nummer eins war er 2006 in der Kombination. In Sotschi will der US-Amerikaner, der Meister der Schräglage, das nachholen.

Wer auf der Gran Risa gewinnen will, der muss Ted Ligety schlagen. Aber jener Mann, der den Riesentorlaufschwung neu erfunden hat, ist auch keine Maschine. Vor einer Woche hat es selbst ihn erwischt – Ausfall in Val d'Isere. Zum ersten Mal nach siebeneinhalb Jahren war er bei einem Riesenslalom nicht im Ziel. Der Plan, die Bestmarke von Ingemar Stenmark (fünf Siege in Serie) zu knacken, ist gescheitert. Auch im Super-G von Gröden am Freitag ist Ligety ausgeschieden. Menschliche Eigenschaften, die so manchen Konkurrenten erleichtert aufatmen lassen.

Einer, der in der Lage ist, auch einen Ted Ligety zu schlagen, ist Marcel Hirscher. Der Salzburger weist im Spezialweltcup 20 Punkte Vorsprung auf den US-Amerikaner auf. „Ich hoffe natürlich, dass ich das Rote Trikot (des Führenden) ins neue Jahr mitnehmen kann. Und ich werde alles dafür tun“, sagt Hirscher, der in Alta Badia 2011 den Slalom gewonnen hat. Zuletzt hat Hirscher auf der Reiteralm trainiert, dass damit aber der Rückstand auf Ligety wettgemacht werden konnte, glaubt der amtierende Gesamtweltcupsieger nicht. „Zwei Sekunden in zwei Tagen aufzuholen, das wäre dann doch ein bisschen weit hergeholt.“

Dass Head-Pilot Ligety Materialvorteile haben könnte, glaubt das Atomic-Aushängeschild nicht. „Wir sind vom Material her super aufgestellt. Das ist eine Frage des Set-ups“, meinte Hirscher, der den großen Vorteil Ligetys nach wie vor in der besseren Anpassung ans neue Materialregulativ sieht. „Ich tue mir mit den neuen Ski einfach noch schwerer als Ligety.“

"Geiler geht es nicht."
Alta Badia ist für Marcel Hirscher der Riesentorlauf schlechthin. „Geiler geht's nicht. Hier braucht man eigentlich gar keine Tore stecken. Denn die Natur hat diesen Riesentorlauf perfekt vorgegeben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2013)

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