Gregor Schlierenzauer schwebt auf den Spuren von Björn Wirkola und hofft auf den Tournee-Hattrick, er ist aber nicht der Top-Favorit. Kamil Stoch oder Anders Bardal sind seine schärfsten Konkurrenten.
Die Weihnachtsgeschenke sind kaum ausgepackt, schon heißt es für Gregor Schlierenzauer und Co. bereits wieder für die nächste Reise packen. Schließlich geht es schon am Freitag (27. Dezember) zum ersten Saisonhöhepunkt, der Vierschanzen-Tournee. Eine Tournee, die seit 2008 fest in österreichischer Hand ist. Die ÖSV-Mannschaft könnte am 6.1.2014 schon den sechsten Gesamtsieg en suite holen.
Allen voran freut sich wohl Gregor Schlierenzauer am meisten auf die Rückkehr an die Schauplätze Oberstdorf (Bewerb am 29.12.), Garmisch-Partenkirchen (1.1.), Innsbruck (4.1.) und Bischofshofen (6.1.). Kein Wunder, ist der 23-jährige Tiroler doch zweifacher Titelverteidiger. Der 52-fache Rekord-Weltcupsieger könnte am Dreikönigstag einen Tag vor seinem 24. Geburtstag einmal mehr Skisprung-Geschichte schreiben, denn er wäre erst der zweite Athlet nach dem Norweger Björn Wirkola (1966/67, 67/68 und 68/69), dem der Tournee-Hattrick gelingen würde.
Schlierenzauer kämpfte zuletzt ein wenig mit Problemen in der Anfahrtsposition, hat aber mit zwei Saisonsiegen davor gezeigt, dass er des Siegens keinesfalls müde ist. In Engelberg bei der Generalprobe kratzte er nach der Enttäuschung von Platz 27 als Vierter am Podest. Doch die Erkenntnis, die Anfahrtshocke verbessert zu haben, stimmte Schlierenzauer schon zuversichtlicher. "Es kann oft sehr schnell gehen. Manchmal ist Skispringen extrem kompliziert, dann wieder einfach. Mir hat ein bisschen die Selbstverständlichkeit gefehlt, mehrere Sprünge auf hohem Niveau runterzuhauen, um um den Sieg mitzuspringen", gestand der Stubaier.
Er sieht sich nun auf dem richtigen Weg. In Sachen Tourneeprognosen gibt er sich in seinem Blog locker: "Ich kann sicherlich auch gewinnen, mache mir da aber weniger Gedanken als die Experten oder Medien. Wichtig ist, dass ich meine Topform abrufe, alles andere passiert dann ohnehin von selber." Abgesehen von Kamil Stoch hat Schlierenzauer auch Anders Bardal in seiner Favoritenliste.
Aus österreichischer Sicht ruhen neben Schlierenzauer die Hoffnungen wohl vor allem auf Thomas Morgenstern, wenn der Tourneesieger 2010/11 tatsächlich topfit nach Oberstdorf reist. Der dreifache Olympiasieger musste die Generalprobe in Engelberg nach seinem schweren Sturz in Titisee-Neustadt auslassen - einen Tag, nachdem er mit dem ersten Saisonsieg eine lange Durststrecke hinter sich gebracht hatte.
Der Top-Favorit kommt aufgrund der zuletzt gezeigten Formkurve diesmal aber nicht aus Österreich: Großschanzen-Weltmeister Stoch hat mit den Platzierungen zwei, eins, zwei und eins in den vier Springen vor Oberstdorf nicht nur enorme Konstanz gezeigt, sondern in Engelberg auch das Gelbe Trikot von Schlierenzauer erobert. Eingebettet in eine heuer besonders starke polnische Mannschaft, die in Engelberg mit Jan Ziobro einen neuen Sieger feierte. Stoch führt vor der Tournee 58 Zähler vor Schlierenzauer.
Natürlich darf man die Rechnung nie ohne Co-Gastgeber Deutschland machen, vor allem mit Severin Freund und Andreas Wellinger darf man rechnen. In Deutschland ist der Erfolgshunger besonders groß, immerhin laufen die DSV-Athleten einem Tagessieg schon seit elf Jahren nach (zuletzt Sven Hannawald am 29.12.2002/Oberstdorf) und der letzte Tourneesieg ist schon fast zwölf Jahre (!) her (Hannwald 01/02). Zumindest bei den deutschen Springen ist auch Altstar Martin Schmitt dabei: Der 35-Jährige bestreitet seine 18. Tournee.
Ein anderer arrivierter Topstar läuft schon seine gesamte Karriere dem ersten Tournee-Sieg nach: Der vierfache Olympiasieger Simon Ammann, der in Titisee-Neustadt mit zwei Stockerlplätzen aufhorchen ließ, war in Engelberg (11. und 17.) aber wieder weiter von den Topplätzen entfernt.
Schließlich kehrt eine Tournee-Legende zurück: Der fünffache Rekordsieger Janne Ahonen (36) wagte diese Saison wegen Olympia ein zweites Comeback.