Kopf an Kopf um die größte aller Kristallkugeln

Ski alpin. Felix Neureuther gewann den Slalom in Kranjska Gora und führt in der Disziplinenwertung. Im Gesamtweltcup hat Marcel Hirscher vier Punkte Guthaben auf Aksel Lund Svindal.

KranjskaGora/Wien. So wirklich überraschend ist der Blick auf die jüngsten Ergebnisse im Herren-Skiweltcup dann doch nicht. Aksel Lund Svindal und Marcel Hirscher, die beiden Hochkaräter der Szene, fahren der Konkurrenz derzeit ein wenig hinterher. Das taten die beiden auch schon bei den Olympischen Spielen in Sotschi, wobei Hirscher mit einem fulminanten zweiten Slalomdurchgang und Silber doch noch seinen Frieden fand. Svindal ging an der Schwarzmeerküste leer aus. Er reiste vorzeitig ab, um sich voll auf den Gesamtweltcup zu konzentrieren.

„Ich benötige Top-drei-Platzierungen. Das ist mein Schnitt, und auch jener von Marcel“, stellte der Norweger vor dem Speedwochenende in seiner Heimat Kvitfjell vor eineinhalb Wochen an sich selbst die gewohnt hohen Ansprüche. Die Plätze sechs (Abfahrt) und vier (Super-G) bescherten Svindal zwar vorübergehend wieder die Führung im Gesamtweltcup, stellten ihn aber nicht zufrieden. „Meine Position hat sich verschlechtert.“ Der Routinier rätselt, irgendwo zwischen Kitzbühel und Sotschi hat er seine Hochform verloren.

So spielt es dem 31-Jährigen in die Hände, dass auch sein härtester Konkurrent die gewohnte Lockerheit vermissen lässt. Marcel Hirscher ist kein Freund der Schönrederei. Nach dem ersten Slalomdurchgang in Kranjska Gora fehlten ihm als Sechstplatzierten 0,56 Sekunden auf den Führenden, Mario Matt. „Das ist eine Menge. Es rennt nicht so locker, wie ich es gewohnt bin. Ich fahre auch nicht so locker drauflos, wie ich das normal mache.“

In der Entscheidung verbesserte sich Hirscher um einen Rang auf Platz fünf. Das Maximum, wie er später meinte, war damit erreicht. „Ich habe wirklich alles rausgeholt, mehr geht einfach nicht, das muss ich anerkennen.“ Immerhin hatte der Technikspezialist die Führung im Gesamtweltcup zurückerobert. Vor dem Weltcupfinale in Lenzerheide, das am Mittwoch mit der Abfahrt beginnt, distanziert der Salzburger den Rivalen aus Skandinavien um vier Punkte. Ein Herzschlagfinale scheint programmiert, Hirscher allerdings dürfte nicht sonderlich optimistisch sein. „In den nächsten Tagen muss sich etwas ändern, der Trend muss in eine andere Richtung gehen.“ Der zweimalige Gesamtweltcupsieger sucht seine Topform. „Sonst bin ich gegen Aksel verloren.“

Kristalltheorien

Für Hirscher geht es in Lenzerheide um alles oder nichts. Neben der größten aller Kugeln für den Gesamtweltcup fährt der 25-Jährige in der Schweiz auch noch an der Riesentorlauf- und Slalomfront um Kristall. Ein Taktieren um die nötigen Punkte scheint nicht mehr möglich. Die Gefahr, am Ende der Woche nichts in Händen zu halten, ist dafür allerdings groß. Im Riesentorlauf hat der US-Amerikaner Ted Ligety mit seinem Sieg am Samstag den Rückstand auf 50 Punkte reduziert, im Slalom ist Felix Neureuther sogar vorbeigezogen, liegt nun fünf Punkte vor Hirscher.

Der Deutsche agierte in Kranjska Gora in einer eigenen Liga, triumphierte letztlich mit 0,59 Sekunden vor seinem Landsmann Fritz Dopfer. Der drittplatzierte Norweger Henrik Kristoffersen lag bereits 0,79 Sekunden zurück.

Keine vier Wochen nach seinem Autounfall und dem dabei erlittenen Schleudertrauma fuhr Neureuther den Rest der Welt schwindlig. Hirscher: „Felix ist ein Wahnsinn. Den Steilhang so zu fahren, das war wahrscheinlich die beste Leistung, die wir im ganzen Winter gesehen haben.“

Neureuther, der über seine Zukunft nach dieser Saison noch nicht entschieden hat, wurde in der Stunde des Erfolgs ein wenig sentimental. „Die letzten Wochen waren brutal. Zuerst der Autounfall, dann die Olympischen Spiele, bei denen ich absolut nicht in einer körperlichen Topverfassung war. Sich danach nicht hängen zu lassen, war nicht einfach.“ Mit dem zweitplatzierten Dopfer, der 2007 dem österreichischen Skiverband den Rücken kehrte und beim DSV anheuerte, bejubelte Deutschland gar einen Doppelsieg. „Ich war in Schladming und bei Olympia Vierter. Das heute ist meine Medaille.“

Die Österreicher konnten sich mit Ausnahme von Hirscher nicht im Spitzenfeld klassieren. Mario Matt befand sich nach Halbzeitführung im zweiten Durchgang nicht mehr auf Siegkurs, als er zwei Tore vor dem Ziel strauchelte und ausschied. „Ich bin zu gerade auf das Tor zugefahren“, ärgerte sich der Olympiasieger, der danach über starke Schmerzen in der Wade klagte. Auch Benjamin Raich und Reinfried Herbst schieden aus, Manfred Pranger wurde 17.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2014)

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