Marcel Hirscher: "Ich habe noch etwas in petto"

(c) GEPA pictures/ Andreas Pranter
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Der 25-jährige Salzburger sorgte für den ersten Heimsieg in Sölden seit neun Jahren. Er beendete die Dominanz von Ted Ligety auf dem Rettenbachferner.

Ausgerechnet in Sölden, ausgerechnet am Nationalfeiertag – Marcel Hirscher versteht es, Skifeste zu feiern, wie sie fallen. Seit 2005 waren die Österreicher auf dem Rettenbachferner sieglos, Hermann Maier war es, der im Ötztal den letzten Heimerfolg feiern konnte. Hirscher hat das damals im Fernsehen verfolgt, die Bilder haben ihn beeindruckt. Und motiviert. Den Rennanzug aber wollte sich der Gesamtweltcupsieger des Vorjahres nicht vom Leib reißen. Er sagte nur: „Ich hab so eine Gaudi, ich könnte rean vor lauter Freude.“

Marcel Hirscher hat die neue alpine Saison bei den Herren eröffnet. Und an ihm führte im Riesentorlauf oberhalb von Sölden kein Weg vorbei. Was der 25-Jährige beim Gletscherrennen zeigte, das glich einer Demonstration. Einer Demonstration von Stärke und Klasse. Sein Vorsprung im Ziel auf seinen ersten Verfolger betrug letztlich fast 1,6 Sekunden, der Deutsche Fritz Dopfer feierte das aber dennoch fast wie einen Sieg. „Der Hang ist mir in der Vergangenheit irgendwie nicht gelegen. Aber es ist mir gelungen, den positiven Schwung von der letzten Saison mitzunehmen. Ich war einfach bereit.“

Bereit war auch Hirscher. Sein Ziel war es, die Dominanz von Ted Ligety zu brechen. Der US-Superstar hatte die letzten drei Rennen in Sölden für sich entschieden, diesmal wollte Hirscher gleich zu Saisonbeginn nahe dran sein am „Mister Riesentorlauf“. Einmal hatte der Salzburger einen gigantischen Rückstand (über drei Sekunden) auf Ligety, das hat Spuren hinterlassen. Jetzt ist die Vergangenheitsbewältigung gelungen. Ted Ligety, der zuletzt viel im Tiefschnee gefahren ist und zu wenig auf harten Pisten, landete nach einem Fehler im zweiten Lauf nur auf Rang zehn. Nach dem ersten Lauf ist er noch Zweiter gewesen. Aber der Hang auf dem Rettenbachferner verzeiht keinen Fehler. Schon gar nicht vor dem Flachstück.

15.000 Fans sind hinauf zum Gletscher gepilgert, sie bekamen den 24. Weltcupsieg von Marcel Hirscher zu sehen. Erstmals stand er in Sölden bei der Siegerehrung ganz oben, im Riesentorlauf hält er nun bei zehn Erfolgen. „Ich hab's nicht glauben können“, war seine erste Reaktion. „Ich gebe zu – ich war vor dem Rennen nervös.“ Vor wenigen Tagen hat er von einer Art Prüfungsangst gesprochen, „wie vor einer Schularbeit“. Gelernt hat der Salzburger über die Sommermonate genug, er hat alle Hausaufgaben gemacht.

Investiert wurde von der gesamten Mannschaft rund um den Gesamtweltcupsieger auch ins Material. Dank neuer Ski und spezieller Bindungsplatte für unruhige Verhältnisse fuhr der Annaberger, der über den Sommer deutlich Muskelmasse aufgebaut hat, in Sölden erstmals auch im flachen Streckenteil auf und gewann. „Es ist einfach nur cool“, sagte Hirscher. „Cool und a geile Party.“

Die neuen Latten, die würden „brutal anschieben“, wie es Marcel Hirscher formuliert. „Da geht echt die Post ab. Das Ganze ist fast schon ein bisserl schräg.“ Weil das Wintermärchen für ihn weitergeht. Seine Ankündigung, „noch etwas in petto zu haben“, darf die Konkurrenz durchaus als Warnung verstehen. Denn was die Bindung betrifft, so befinde man sich erst in der Testphase.

Ein wenig Unglück hatte Benjamin Raich. Der 36-jährige Pitztaler scheiterte bei seinem 14. Versuch, in Sölden auf das Podest zu kommen. Um eine Hundertstelsekunde verpasste der Routinier Platz drei und wurde stattdessen zum bereits vierten Mal nach 2005, 2007 und 2008 Vierter. „Natürlich wäre es möglich gewesen, eine Hundertstel schneller zu fahren. Aber das hier ist nun einmal nicht einer meiner Lieblingshänge. Aber es war trotzdem ein sehr schöner Tag.“

Nicht ganz zufrieden war Cheftrainer Andreas Puelacher. Denn insgesamt schafften es nur vier ÖSV-Läufer ins 30er-Finale. Ein Marcel Hirscher ist ihm zu wenig.


Sölden Riesentorlauf Herren: 1. Marcel Hirscher (AUT) 2:28,09 2. Fritz Dopfer (GER) +1,58 Sek. 3. Alexis Pinturault (FRA) +2,06 Sek 4. Raich (AUT) 2,07 5. Jeandet (FRA) 2,14 6. Simoncelli (ITA) 2,29 7. Sandell (FIN) 2,67 8. Fanara (FRA) 2,85 9. Nani (ITA) 3,00 10. Ligety (USA) 3,02; weiters: 19. Nösig 4,17 25. Schörghofer 4,89.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2014)

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