Ski alpin: „Darum lieben wir diesen Sport“

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Felix Neureuther, Führender in der Slalomwertung, will den ersten Sieg eines Deutschen in Schladming seit 1990 feiern. Da hat Marcel Hirscher etwas dagegen.

Schladming/Kitzbühel. Nach Kitzbühel ist vor Schladming, das hat im alpinen Skirennsport mittlerweile Tradition. Am Ganslernhang zählte man am Sonntag 21.000 Zuschauer, beim heutigen Nachtslalom auf der Planai (17.45 bzw. 20.45 Uhr, live ORF eins) werden es mehr als das Doppelte sein. Begonnen hat alles 1997 vor 25.000 Fans, gewonnen hat damals Alberto Tomba. Mittlerweile hat sich Schladming gewaltig entwickelt, in den Jahren 2009 und 2010 pilgerten bereits 50.000 Zuschauer ins Ennstal. Beide Male konnte übrigens Reinfried Herbst triumphieren. Insgesamt hält Österreich bei zehn Erfolgen.

Die Slalom-Asse lieben diese Jännerwochen, Wengen, Kitzbühel und Schladming zählen zu den absoluten Höhepunkten. Auch für Felix Neureuther, Sieger am Lauberhorn, am Sonntag am Ganslernhang Dritter. „Ich hätte das Rennen auch gewinnen können“, sagt er. „Und das ist beruhigend.“ Von Slalomfahrern aber Seriensiege zu verlangen, das sei unmöglich. Als Generalprobe für die WM in Vail/Beaver Creek sieht er Schladming nicht. „Fürs Selbstvertrauen ist ein Sieg immer gut, aber ich weiß, dass meine Form passt.“

An Schladming hat der Deutsche gute Erinnerungen, hier hat er 2013 WM-Silber gewonnen. Vor allem die Atmosphäre sei einzigartig. „Ich werde nie vergessen, wie damals der Marcel (Anm.: Hirscher) heruntergefahren ist und die Leute völlig ausgezuckt sind.“ Als Fahrer würde man das alles selbst gar nicht so mitbekommen, „was eigentlich total schade ist“. Das Nightrace, wie der Nachtslalom genannt wird, sei eine geniale Sache. „Das sind genau diese Rennen, wegen denen man diesen Sport so liebt.“

Felix Neureuther, der auch immer wieder von Rückenproblemen geplagt wird, muss sich das Training gut einteilen. Er muss dosiert arbeiten. „Ich habe ein paar Jährchen auf dem Buckel“, sagt er. „Da bringt man die Erfahrung mit, die man braucht. Slalom – das ist auch eine massive Kopfsache.“ Und manchmal kann er nur eingeschränkt trainieren, weil es hin und wieder zu einer Sehschwäche auf einem Auge kommt – Folge des Autounfalls auf dem Weg zum Münchner Flughafen im Vorjahr. Damals stand der Abflug zu Olympia in Sotschi auf dem Programm.

Der Deutsche würde sich selbst nicht als den besten Slalomfahrer bezeichnen, dazu ist auch der Respekt vor seinem Freund Marcel Hirscher zu groß. Dennoch will er am Dienstag in Schladming gewinnen. Der letzte Deutsche, dem das gelungen ist, ist Armin Bittner, 1990. Das ganz große Ziel aber ist die Kristallkugel. „Das ist das Größte, dass man der Beste in dem Jahr war. Eine Kugel hat in der Öffentlichkeit nicht diesen brutalen Stellenwert wie eine WM- oder Olympiamedaille. Bei einer WM kann es einen Überraschungssieger geben. Aber bei einer Kugel bist du der beste Slalomfahrer der Welt.“

Der 30-Jährige ist voller Vorfreude auf die WM. „Diese Momente musst du genießen. Man muss sich bewusst sein, dass das die Momente sind, die du als Sportler herbeisehnst. Umso größer die Drucksituation, umso besser ist es. Als Sportler lebst du dafür – das war mir nicht immer unbedingt klar. Dieses Adrenalin im Körper wirst du danach nie mehr erfahren.“

Die österreichischen Skifans hoffen freilich auf einen Erfolg von Marcel Hirscher. Aber der 25-Jährige muss mit einem Auge auch auf den Gesamtweltcup schielen. „Ich versuche, das Thema bei den Rennen auszublenden“, sagt der Salzburger. „Aber ganz gelingt mir das nicht. So wie mit 18, als ich in jedem Rennen alles riskiert habe und ,all in‘ gegangen bin, ist es nicht mehr.“

Mit Benjamin Raich steht auch der Schladminger Rekordsieger (vier) am Start, Mario Matt hat auf der Planai zweimal gewonnen. „Schön langsam“, sagt der 35-jährige Matt, „sollte ich es ordentlich krachen lassen. Sonst ist es womöglich bald einmal zu spät.“ Das darf aber auch in zwei Wochen in Vail sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2015)

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