Nordische Ski-WM: Die Gänsehaut der Spätstarterin

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Eva Pinkelnig will bei ihrem WM-Debüt „gute Sprünge zeigen – und Spaß haben.“ Die ÖSV-Skispringerinnen dürfen auf Edelmetall hoffen.

Falun/Wien. Damencheftrainer Andreas Felder hat vor dem Auftakt der nordischen WM in Falun, Schweden, überaus gute Laune. Er ist seit Sommer im Amt, übernahm den Posten von Harald Rodlauer, weil er zum Assistenten von Adlercheftrainer Heinz Kuttin ernannt wurde. Für Felder, der in Innsbruck lebt, Chef der Bergisel-Anlage ist und nach seiner Tätigkeit als ÖSV-Cheftrainer (1995–1997) keine Lust mehr auf strapaziöse Reisen und den Stress im Weltcup hat, ist es ein angenehmer Job. Er erfüllt sie mit Herzblut, Engagement – und genau das wolle er auch bei der WM von seinen Skisprung-Ladies sehen.

Eva Pinkelnig nimmt ihr erstes Großereignis jedenfalls vollkommen unbeschwert in Angriff. Die Newcomerin darf sich nach vierten, fünften und sechsten Plätzen im Weltcup in Falun sogar Außenseiterchancen auf Edelmetall ausrechnen. Daran wollte sie vor dem heutigen ersten Sprung (17 Uhr, ORF eins) aber gar nicht denken, sondern ihr Debüt genießen, betonte die Vorarlbergerin. „Es ist alles ein bisschen unrealistisch, ich freue mich – das wird Gänsehaut pur“, sagt die 26-jährige Spätstarterin im Quartier des ÖSV-Teams außerhalb von Falun.

Während der WM bewohnt die Vorarlbergerin mit Weltcupspitzenreiterin Daniela Iraschko-Stolz einen falunrotes Holzhäuschen im idyllisch am Runnsee gelegenen Främby Udde Resort. Von der erfahrenen Teamkollegin habe sie sich in ihrem ersten Wettkampfwinter schon viel abschauen können. Dass ihr Bungalow die Nummer eins trägt, zauberte ihr ein Schmunzeln auf die Lippen. Lediglich bei der Landung von besonders weiten Sprüngen vergehe ihr schnell das Lachen. „Ich habe im letzten Drittel Probleme, die Spannung zu halten und zu sehen, wie weit der Sprung wirklich geht. Dann einen g'scheiten Telemark zu setzen, lerne ich aber auch noch“, so Pinkelnig, die seit dem Sommer Teil der Nationalmannschaft ist.

Riskante Finanzierung

In gewissen Situationen fehle ihr einfach die Erfahrung, und dann springt auch etwas Neid mit, wenn sie sieht, wie „andere Mädels“ bis zum K-Punkt oder zur Hillsize segeln. Das wolle sie auch, und dafür lauscht sie den Worten Felders ganz genau. Beim Tüfteln am idealen Flug verlasse sie sich voll auf den Trainer, er kenne das Geschäft wie kein anderer. Pinkelnig hatte unmittelbar vor Saisonbeginn ihren Job als Kinderbetreuerin aufgegeben, um den Traum vom Skispringen zu verwirklichen. Ermöglicht wurde dieser Schritt durch eine höchst riskante Aktion, sie finanziert die Debütsaison mit einer Fundraising-Aktion, die 6000 Euro eingebracht hat. Diesen Schritt habe sie bislang noch keine Sekunde bereut. Der Entschluss sei sogar der beste ihres Lebens gewesen, sie fühle sich wohl im Weltcup. Zu den Favoritinnen zählt sie sich trotz der guten Ergebnisse mit zwei vierten Plätzen nicht. „Eine Medaille ist ein bisschen zu hoch gegriffen. Ich versuche, gute Sprünge zu zeigen und Spaß zu haben.“

Zuletzt hatte sie weniger zu lachen, eine WM und deren Vorbereitung sind kein Kinderausflug, es musste trainiert werden, und da kannte Felder kein Pardon. Schließlich ist es auch für ihn eine Premiere – dass er eines Tages das Damenteam bei einer WM betreuen würde, hätte sich der ehemalige Skispringer „wirklich nie erträumt“. Und zum Umgang mit den Ladies – Felder gilt ja nicht gerade als zimperlich: „Man darf oft nicht ganz so direkt sein“, sagt er trocken. Sonst gibt es kaum Unterschiede zu Herren oder Nachwuchsspringern. Diven gebe es immer und überall, aber sie hätten bei ihm keine Chance. Spätestens über dem Schanzentisch spielen Geschlecht oder Stimmung keine Rolle mehr, dann zähle nur noch das wahre Können.

Zur Person

ÖSV-Quartett. Daniela Iraschko-Stolz und Eva Pinkelnig sind seit dieser Saison Zimmerkolleginnen. Die Ex-Weltmeisterin und Olympia-Zweite teilt bei der WM einen Bungalow mit dem Neuling, der erst seit Mai im Weltcupteam von Cheftrainer Andreas Felder springt. Weitere ÖSV-Starterinnen: Chiara Hölzl, Jacqueline Seifriedsberger. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2015)

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