Fenninger: "Müsste wirklich den Hut vor mir ziehen..."

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Anna Fenninger krönte sich mit dem Sieg im Méribel-RTL - dem letzten Rennen dieser Saison - erneut zur Gesamtweltcupsiegerin. Nicht nur ihr Trainer Mainhard Tatschl ist begeistert.

Meribel/Wien. Als sich Anna Fenninger in den Schnee fallen ließ, war alles entschieden. Kurz herrschte Stille im zuvor laut brodelnden Zielstadion des Weltcupfinales von Méribel. Doch weder die Zeiten von Eva-Maria Brem noch von Tina Maze genügten, um die Salzburgerin im letzten Rennen der Saison auf ihrem Weg zum RTL-Sieg und den Gewinn der großen Kristallkugel aufzuhalten. Und als der Einser letztlich aufleuchtete, war Feninger befreit. Sie schrie, strahlte und wurde gefeiert. Und Maze? Die Slowenin hatte sich an den Rand des Ovals verkrochen, die so ehrgeizige Sportlerin rang nach Atem. Sie hatte das Herzschlagfinale in Méribel verloren.

22 Punkte machten den Unterschied aus, Fenninger gewann zudem auch den RTL-Weltcup. Damit landete wie 2014 die große Kugel bei Damen und Herren in Österreichs Lager. Dieses Kunststück schafften Österreichs Skistars nunmehr fünfmal, Fenninger ist aber erst die dritte Österreicherin nach Annemarie Moser-Pröll (6) und Petra Kronberger (3), die mehr als einmal die große Kugel geholt hat.

„Beeindruckende Leistung!“

„Annas Leistung ist beeindruckend. Sie hat dem Druck standgehalten, fährt am saubersten Ski, super“, jubelte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Dass der Geschäftsmann und Funktionär nun alles daransetzen wird, die restlichen Differenzen mit der Olympia-Siegerin, Weltmeisterin und zweifachen Gesamtweltcupsiegerin auszuräumen, versteht sich von selbst.

Die Salzburgerin benötigte etwas Zeit, um das Erlebte zu verdauen. Vergessen waren all die Probleme und Fragen zu Saisonstart, die Streitigkeiten, Ängste und eigenen Zweifel, sie hat ihre Chance genützt, sie sagt: „Es ist echt schwer zu beschreiben. Wenn ich es nicht selbst wäre, ich müsste den Hut vor mir ziehen...“

Mit 25 Jahren hat die Absolventin der Skihotelfachschule Bad Hofgastein fast alles gewonnen. Neben Kristall und Medaillen glänzen 14 Weltcupsiege – nur ein Sieg in der Abfahrt fehlt ihr noch. Für Beobachter ist es nur noch eine Frage der Zeit, sie steht hart am Ski, hat Tempo, oft das beste Material im Damenbereich. Dass sie ob ihres Geschicks bereits früh mit Moser-Pröll verglichen wurde, ehrt sie. „Es war sicherlich Druck und Ehre zugleich“, sagt die Geparden-Liebhaberin. Der große Durchbruch ließ nach dem Weltcupdebüt im Winter 2006 noch auf sich warten. Seit 2011 ist die Harley-Fahrerin bei Großereignissen Stammgast auf dem Podest. Sie sagt: „Was alles jetzt wahr geworden ist, von dem habe ich nie zu träumen gewagt. Ich kann es im Moment nicht so begreifen, es war über Wochen der härteste Kampf, den ich je gehabt habe.“

Ein nervenstarkes Kraftpaket

Woher die Halleinerin diese Kraft nimmt, konnte sie selbst nicht beantworten. Ihre Aufholjagd war beeindruckend, im Jänner war sie aussichtslos zurückgelegen, sie hatte sukzessive Punkte gesammelt und nun im Saisonfinale den großen Coup geschafft. „Reine Nervensache“, sagte auch ihr Trainer Mainhard Tatschl. „Sie beherrscht diese Kunst. Anna ist ungemein gewissenhaft, diszipliniert, zielstrebig“, sagt der Kärntner. „Anna ist zu einem Star gereift.“

Fenninger trug mit sechs Siegen dazu bei, dass das ÖSV-Team in dieser Saison 64 Podestplätze ausloben kann. 23 Siege, 24 zweite und 17 dritte Plätze – diese Bilanz kann sich sehen lassen, täuscht aber über viele offene Fragen hinweg. Denn hinter Fenninger und Hirscher klafft ein Loch, im Slalomteam fehlen junge, neue Kräfte. Bei den Speed-Herren wartet ein Umbruch, noch sind auch alle Abgänge bzw. Karriereenden bei den Damen unklar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2015)

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