Der Starkult im Land der Skifahrer: „Rennen in Wien wäre genial“

Das siegreiche Duo: Marcel Hirscher und Anna Fenninger lassen sich feiern.
Das siegreiche Duo: Marcel Hirscher und Anna Fenninger lassen sich feiern.APA/HERBERT PFARRHOFER
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Marcel Hirscher, Anna Fenninger und weitere Stars wurden auf dem Rathausplatz erwartet. Hirscher erhält eine Radiosendung.

Helden werden in Österreich immer gebührend gefeiert – doch als Marcel Hirscher, Anna Fenninger und alle weiteren Skistars der Saison am Dienstagabend auf dem Rathausplatz vor mehr als 10.000 Zuschauern und DJ Ötzi erwartet wurden, war auch eine neue Dimension der Verehrung erreicht. So laut, kreischend und pompös war die Inszenierung noch nie. Das zeigt eindrucksvoll, wie sehr Sportstars dank ihrer Popularität und Erfolge – und des Einsatzes des „Krone“-Boulevards und des Live-TV – die Öffentlichkeit mobilisieren können. Österreich ist das Land der Skifahrer, daran besteht kein Zweifel. Hirscher war beeindruckt: „So viele Fans! Das zeigt, dass Österreich ski-verrückt ist.“

Dass sich manch Politiker ebenfalls nach dieser Form der Anerkennung sehnt, wurde durch den kurz zuvor angesetzten Empfang im Bundeskanzleramt deutlich. Bundeskanzler Werner Faymann hatte geladen, als Warm-up sozusagen und mit den üblichen „Mannschaftsfotos“ (Motto: Funktionär schüttelt dem Sieger staats-tragend-plakativ die Hand) und Ehrungen für eine aufreibende WM-Saison. „Wir sind stolz auf unsere Töchter und Söhne“, sagte der Kanzler. Nach knapp einer Stunde (bis zum nächsten Saisonausklang) sollte der Weg dann für die Stars in Richtung Rathausplatz frei sein. Dass gleichzeitig Skisprung-Olympiasieger Thomas Morgenstern jenseits der Donau den Kindern der „Stadtadler“ das Skispringen näherbringen wollte, verkam angesichts des Starauflaufs bei der Medaillenfeier beinahe zur Randnotiz. Es blieb jedoch nur ein simples Terminhoppala in den peniblen Plänen der Regierung, des Verbands und der OMV.

Topgagen und Wettschulden

Das Event auf dem Rathausplatz hatte - der Größe und Breitenwirkung wegen - Vorrang. Die Sportler wurden beim WM-Empfang als Stars gefeiert. Eva-Maria Brem, Michaela Kirchgasser, Hannes Reichelt, Stefan Kraft Michael Hayböck, Kombiniererweltmeister Bernhard Gruber, Snowboard-Starlet Anna Gasser und Weltmeisterin Claudia Riegler – alle standen im Rampenlicht. Ebenso Behindertensportler wie Matthias Lanzinger, Claudia Lösch oder Roman Rabl.

Um Hirscher und Fenninger – Lieblinge der Massen – herrscht ein Hype, ein seit Annemarie Moser-Pröll oder Franz Klammer gepflegter Kult wird fortgesetzt. Hirscher ist ein Sympathieträger und PR-technisch sehr gut beraten. Er wusste, was er tags zuvor in Servus TV zu sagen hatte: „Ein Rennen in Wien wäre genial. Eine riesige Party mitten im Herzen von Wien, bei dem wir nebenbei ein wenig Ski fahren. Ich stell' mir das toll vor.“

Auch Fenninger strahlte. Bei der nun zweifachen Gesamtweltcupsiegerin scheint es darauf hinauszulaufen, dass die Zusammenarbeit mit Sponsor Raiffeisen fortgesetzt wird. Abseits der Feiern sollen letzte Differenzen zwischen Verband, Klaus Kärcher, Fenningers Manager, und Marketingmanager Leo Pruschak beigelegt worden sein.

Wettschulden sind Ehrenschulden, daran hält sich auch der ORF. In seiner eigenen „Hirscher-Show“ darf er am 31. März (acht Uhr) das Mikrofon im Ö3-Wecker übernehmen – und eine Stunde lang seine Lieblingssongs spielen. Auch das ist eine neue Ebene des Heldentums.

AUF EINEN BLICK

Marcel Hirscher und Anna Fenninger, die beiden ehemaligen Schulkameraden aus dem Tennengau, haben erneut jeweils den Gesamtweltcup gewonnen – bei Hirscher ist es überhaupt der vierte Gesamtweltcupsieg in Folge. Eine Feier dazu fand gestern, Dienstag, auf dem Wiener Rathausplatz statt: Der ÖSV hatte zur „Ski Austria Medaillenparty 2015“ mit allen 26 WM-Medaillengewinnern geladen – insgesamt haben Österreichs Skisportler (alpin, nordisch, Snowboard und Behindertensport) heuer 34 Medaillen nach Hause gebracht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2015)

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