Anna Fenninger bleibt trotz scharfer Kritik an Verband und Präsident Schröcksnadel Athletin des ÖSV. „Aber mit ihrem Manager Klaus Kärcher wollen wir nichts mehr zu tun haben.“
Wien. Das mediale Interesse war gewaltig an diesem Donnerstagvormittag im Hotel Marriott an der Wiener Ringstraße. Wenn ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel ruft, dann kommen sie alle. Ein Blitzlichtgewitter ging auf den 73-Jährigen nieder, als er das mit Mikrofonen gesäumte Podium betrat. Schröcksnadel erfreute sich, wenngleich sarkastisch, an der Resonanz. „Seit dem Dopingskandal von Turin waren nicht mehr so viele Leute da. Es freut mich, dass der Skisport im Sommer so viel Aufmerksamkeit erregt.“
Der Tiroler wirkte entspannt, fast zu entspannt, um in Kürze den Rauswurf von Anna Fenninger aus dem Österreichischen Skiverband bekannt zu geben. Schröcksnadel sprach minutenlang über die guten Taten des ÖSV („Wir zahlen unseren Athleten alles, bis zur Nachspeise und den Kaffee“), er räumte mit Vorurteilen auf („Wir sind kein altmodischer, sondern ein moderner Verband“) und wehrte sich gegen Vorwürfe („Ich habe noch nie einen Euro an irgendeinem Sponsordeal verdient“). Der mächtige Mann im dunklen Anzug präsentierte sich als Meister der Dramaturgie. „Die Anna“, sagte Schröcksnadel, „ist eine super Sportlerin, eine nationale Heldin. Ich habe die Anna immer gemocht.“
Die anwesende Journalistenschar erwartete einen Rundumschlag, den Konter des Präsidenten, nachdem Fenninger zwei Tage zuvor mit dem System ÖSV und der Person Schröcksnadel („Ein stolzer Tiroler, der die Hände nicht mehr runterbekommt“) in scharfem Ton abgerechnet hatte. Doch es kam ganz anders. „Die Anna bleibt volles Mitglied des Verbands, bleibt voll integriert.“ Nachsatz: „Mit Kärcher (Manager Klaus Kärcher, Anm.) wollen wir nichts mehr zu tun haben. Das hat Anna verstanden und akzeptiert.“
Das überraschende Übereinkommen beider Parteien ist das Ergebnis eines zweieinhalbstündigen Gesprächs von Schröcksnadel, Fenninger und Head-Rennsportleiter Rainer Salzgeber Mittwochnachmittag in Innsbruck. Salzgeber fungierte als Mediator, im Sinn Schröcksnadels: „Ich habe kein Interesse, gute Leute zu verlieren.“
Schröcksnadel soll Fenninger nochmals deutlich gemacht haben, über welche Bedingungen sie als Athletin des ÖSV verfüge, angefangen bei der Logistik bis hin zu Trainingsmöglichkeiten und Sponsordeals. „Bei uns hat sie alles.“ Die Alternative dazu war ein Rauswurf Fenningers. „Das wäre die harte Tour gewesen.“ Als Schröcksnadel vom Facebook-Posting Fenningers erfuhr, hatte der Innsbrucker kurzzeitig „halbseitig nichts gespürt und einen Puls von 220 zu 160. Wenn du da nicht gut beinand bist, überlebst du das gar nicht.“ Nun hat sich die Aufregung wieder gelegt, Schröcksnadel einige Machtworte gesprochen und Fenninger sich für ihr Posting persönlich entschuldigt. „Ich habe ihr gesagt, dass ich mich nicht als Lügner darstellen lasse.“
„Ja, wir lieben uns wieder“
Doch ist der Friede zwischen den beiden Alphatieren wirklich von Dauer? „Ich hoffe es“, sagte der Präsident, der sich durch die nicht mehr für möglich gehaltene Einigung in seinem Tun bestätigt fühlte. „Es braucht oft einen Tsunami, bis wirklich etwas passiert.“ Laut Schröcksnadel soll Kärcher künftig nicht mehr als Manager, sondern nur noch als Berater Fenningers auftreten. Fenninges Management meldete sich wenige Stunden später zu Wort und verlautbarte: „Anna Fenninger wird weiterhin durch die Agentur Vitesse Kärcher vertreten und beraten.“
Präsident Schröcksnadel will sich, so von Fenninger gewünscht, auch persönlich bei Sponsorfragen einschalten. „Anna hat bei uns viele Möglichkeiten, viel Geld zu verdienen“, betonte Schröcksnadel, der mit Fenninger wieder eine gute Gesprächsbasis gefunden hat: „Ja, wir lieben uns wieder.“ Diese Liebe soll auch die Konkurrenzklausel in der Athletenerklärung überstehen. „Du kannst nicht für die Konkurrenz des ÖSV werben, das ist die einzige Einschränkung. Sonst bricht unser System zusammen.“
Auf einen Blick
Anna Fenninger bleibt weiterhin volles Mitglied des ÖSV. Das verlautbarte am Donnerstag Verbandspräsident Peter Schröcksnadel. Der 73-Jährige hatte sich Mittwochnachmittag im Beisein von Head-Rennsportleiter Rainer Salzgeber mit Fenninger auf deren Verbleib geeinigt. Der ÖSV forderte Fenninger dazu auf, Klaus Kärcher künftig als Berater und nicht mehr als Manager zu beschäftigen. „Anna hat das verstanden.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2015)