„Was Anna gesagt hat, hätte ich mich nie getraut“

Michaela Dorfmeistern (r.)
Michaela Dorfmeistern (r.)(c) ORF (Thomas Ramstorfer)
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Michaela Dorfmeister, einst erfolgreiche Skirennläuferin, spricht im Interview mit der „Presse“ über die Causa Fenninger. Sie sieht die Salzburgerin schlecht beraten und hat für ihre Kritik kein Verständnis. „Ich darf nicht vergessen, wem ich am Ende des Tages zu danken habe.“

Die Presse: Haben Sie nach den deutlichen Worten Anna Fenningers gegen den ÖSV noch mit einer Einigung gerechnet?

Michaela Dorfmeister: Ich habe es gehofft. Allein ein Team aufzustellen, wo sie doch so viele verschiedene Disziplinen fährt, wäre sehr schwierig gewesen. Wo und mit wem hätte sie denn trainieren sollen, wenn sie vom ÖSV ausgeschlossen worden wäre? Sie hätte sich mit Schweizern und Italienern zusammenreden müssen. Ich glaube nicht, dass man Fenninger mittrainieren hätte lassen.

War sich Fenninger der Tragweite ihrer Aussagen via Facebook überhaupt bewusst?

Ich glaube nicht, sie war in dieser Frage schlecht beraten. Ich war selbst nie jemand, der sich ein Blatt vor den Mund genommen hat, aber das, was sie gesagt hat, hätte ich mich nie getraut. Mir war klar, dass ich in diesem ÖSV-System groß geworden bin und davon profitiert habe. Zum Glück hat Anna rechtzeitig die Vernunft gepackt, ihre letzte Chance genutzt.


Hat Sie dennoch an Glaubwürdigkeit und Sympathie verloren?

Ich hoffe nicht. Aber der Skifan verzeiht rasch, nach dem ersten Rennen in Sölden ist das hoffentlich alles kein Thema mehr.

Die Konkurrenzklausel in der Athletenerklärung hat den Stein nochmals ins Rollen gebracht.

Es bedarf schon eines gewissen Hausverstandes. Wenn Audi der Verbandssponsor ist, brauche ich bei Mercedes, Mazda oder sonst wen gar nicht anfragen. Anna ist erst durch Sport und Verband so erfolgreich geworden, dass sie Laureus-Botschafterin werden konnte. Ich darf nicht vergessen, wem ich es am Ende des Tages zu danken habe.

Fenninger betonte, die Wertschätzung gegenüber Frauen im ÖSV „erinnere an frühere Zeiten“. Haben Sie sich zu wenig wertgeschätzt gefühlt?

Sie hat es noch besser erwischt als ich. In den vergangenen Jahren hat der Damenrennsport stark an Ansehen gewonnen. Schon zu meiner Zeit aber gab es männliche „Ausreißer“, früher war es Hermann Maier, jetzt ist es Marcel Hirscher.

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel hat sich bei der Pressekonferenz als Retter des Damenskirennsports in den 1990er-Jahren dargestellt. War er das wirklich?

Na ja, ganz so würde ich es nicht sehen, aber Schröcksnadel hat sicher vieles in die Hand genommen, mitgewirkt. Er hat ein großes Netzwerk, von Bund bis Land und Bundesheer, überall Ansprechpartner, die ihm positiv gesinnt sind. Schröcksnadel hat immer Lösungen gefunden. Egal, wie groß das Problem war.

Im ÖSV-Skilager bekleidet keine einzige Frau eine führende Trainerposition. Bedarf es einer Frauenquote?

Als Frau mit Familie ist der Trainerjob fast nicht machbar, du bist 250 Tage im Jahr unterwegs. Während meiner aktiven Zeit gab es eine Trainerin in der Schweiz, die ein Riesenmundwerk hatte, es aber bei all den Männern rundherum trotzdem nicht einfach hatte...

ZUR PERSON

Michaela Dorfmeister(42) gewann zweimal Olympia-Gold (Turin 2006, Abfahrt und Super-G) sowie WM-Gold in St. Anton (Abfahrt, 2001) und St. Moritz (Super-G, 2003). 2002 holte sie den Gesamtweltucp. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2015)

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