„In Wien merke ich, es wird ernst“

ALPINE SKIING - Hirscher and Maier press conference
ALPINE SKIING - Hirscher and Maier press conference(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Mario Kneisl)
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Gut fünf Wochen vor Beginn der neuen Weltcupsaison in Sölden stehen der Skistar der Gegenwart, Marcel Hirscher, und sein Idol von früher, Hermann Maier, in Wien Rede und Antwort.

Wien. Marcel Hirscher meinte einmal, nicht bei Großereignissen und auch nicht beim Saisonfinale, wenn die Entscheidung um den Gesamtweltcup fällt, sei der Druck für ihn am größten. Am meisten belaste ihn das erste Rennen des Winters. Da fühle er sich krank, da sei er wirklich nervös. Fünf Wochen und ein Tag sind es noch bis zum Riesentorlauf von Sölden am 25. Oktober, dem Saisonauftakt des Skiweltcups. Ob Hirscher den Druck schon spürt? „Noch nicht. Das geht dann los, wenn in ein paar Wochen die ersten Zeitläufe sind und du merkst: Ui, da fehlt noch eine Sekunde“, sagt Hirscher zur „Presse“. „Aber wenn ich im Herbst meinen Wien-Besuch mache, merke ich, es wird ernst.“

Anlässlich einer Pressekonferenz von Sponsor Raiffeisen weilte Hirscher, dessen Werbevertrag vorzeitig um drei Jahre verlängert wurde, in Wien. Mit dabei war auch Hermann Maier. Geht es nach dem Ex-Rennläufer, wird Hirscher beim Auftakt keine Sekunde gutmachen müssen, für Maier ist sein Landsmann erneut Topfavorit auf die große Kristallkugel. „Der Gesamtweltcup führt über Marcel. Es liegt in seiner Hand“, ist der 42-Jährige überzeugt.

Mit Girardelli gleichziehen

Hirscher verfüge über die nötige Konstanz, die es so schwierig mache, den Weltcup („Das Größte im Skisport“) zu gewinnen. Außerdem sieht Maier die Techniker im Vorteil. „Es gibt viele Technikrennen, ein Speed-Spezialist müsste eine utopische Leistung bringen.“ Ihm selbst gelang das Kunststück viermal, Hirscher kann die große Kugel in der kommenden Saison gar zum fünften Mal in Folge gewinnen und Marc Girardellis Rekord einstellen.

Die Zusammenarbeit der beiden Salzburger für den Sponsor gab Hirscher die Gelegenheit, sein Idol besser kennenzulernen. „Abseits vom Skizirkus ist das sehr entspannt gewesen“, sagt der Annaberger. „Hermann stand schon vor dem Rücktritt, als ich in den Weltcup gekommen bin. Ich habe ihn deshalb nicht mehr wirklich als Teamkollegen mitbekommen.“ Bei Benjamin Raich und Mario Matt, die heuer ihren Rücktritt bekannt gegeben haben, sei das anders gewesen. „Die beiden fehlen natürlich. Wir trainieren als Team und treten als Team auf, aber am Ende ist es ein Einzelsport. Im Rennen kann dir niemand helfen.“

Dass Raich und Matt in den technischen Disziplinen eine Lücke hinterlassen haben, beunruhigt Hirscher nicht. „Wir haben junge Talente, geben wir ihnen Zeit. Wie man an meinem Beispiel gesehen hat: Nach Maier und Raich war auch keine Rede von einem Nachfolger für den Gesamtweltcup. Es kann auch sehr schnell gehen.“

Neo-Hotelier Maier

Maier hat auch in der Skipension „viel zu tun“. Sein Hotelkonzept sei „vereinnahmend“, im Jänner soll in St. Johann in Tirol und Zederhaus im Salzburger Lungau eröffnet werden. „Ski fahren soll leistbarer werden“, schwebt Maier mit den beiden Häusern vor. „Ich will auch eine Handschrift hinterlassen.“ Dass seine Motivationstipps, die er dem Fußballnationalteam vor knapp einem Jahr gegeben hatte, Wirkung gezeigt haben, freute ihn. „Das hat schon sehr gut gefruchtet“, scherzte Maier.

Für Hirscher stehen Gedanken an die Zeit nach der Karriere derzeit nicht auf der Tagesordnung. „Ich habe schon noch vor, dass ich das ein paar Jahre mache. Und Motivation zum Skifahren, Rennfahren ist genügend da“, erklärte der 26-Jährige. 31 Siege hat er bisher zu Buche stehen – auf Maier fehlen noch 23. „Mein Level habe ich jetzt vier Jahre gehalten – das allein ist eigentlich schon verrückt. Ob das so lang noch so funktionieren wird, bezweifle ich momentan“, gab sich Hirscher ob der Maier-Rekordmarke von 54 Weltcupsiegen skeptisch. Vorerst gilt es dem Druck vor Sölden standzuhalten. „Training, Training, Training, ich brenne auf den Weltcup.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2015)

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