Fenninger-Sturz: Die Härte des Rennsports

YEARENDER 2015 MARCH
YEARENDER 2015 MARCH(c) APA/EPA/PONTUS LUNDAHL (PONTUS LUNDAHL)
  • Drucken

Anna Fenninger fällt nach einem Trainingssturz mit einer schweren Knieverletzung für die gesamte Saison aus. Der ÖSV hat nun im Damenteam ein Problem: Wer gewinnt die Rennen?

Sölden/Wien. Es ist eine Hiobsbotschaft, die wenige Tage vor Saisonbeginn des Skiweltcups alle Pläne und Hoffnungen des ÖSV gehörig durcheinanderwirbelt: Superstar Anna Fenninger zog sich bei einem Trainingssturz in Sölden eine schwere Knieverletzung zu. Die zweifache Gesamtweltcupsiegerin, die im Sommer noch aufgrund grober Differenzen mit dem ÖSV und ihrem Management mit Rücktritt gedroht hat, fällt für die gesamte Saison aus. Die Salzburgerin, 26, zog sich in Sölden Risse des vorderen Kreuzbands, des inneren Seitenbands und der Patellarsehne im rechten Knie zu.

Fenninger hatte bereits Ende September ihr Schneetraining wegen Knieproblemen abbrechen müssen. Sie zog sich zurück, gab keine Interviews mehr, es schien als sei ihr auch der Rummel nach der Aussöhnung mit Peter Schröcksnadel und vielen PR-Terminen mit zum Teil bissigen Fragen zu diesem Thema zu viel geworden.

Rücktritte, enormer Verlust

Vergangene Woche aber nahm sie das Schneetraining wieder auf. Am Mittwoch warf sie nun ein Fahrfehler – sie rutschte laut ÖSV-Erklärung auf dem Innenski aus – brutal auf dem Rettenbachferner aus der Bahn. Sie wurde im Helikopter nach Innsbruck gebracht, die Diagnose von Christian Hoser nach einer Untersuchung in der Privatklinik Hochrum sorgt jetzt bei allen Beteiligten für tiefe Sorgenfalten.

Während Fenninger noch am Mittwoch operiert wurde, muss der ÖSV nun umdenken. Nachdem das Zugpferd und Aushängeschild nicht mehr zur Verfügung steht, müssen andere einspringen. Doch gibt es Siegfahrerinnen, hat nicht die Salzburgerin mit ihrem Talent und Können eine missliche Situation kaschiert? Nämlich die, dass nach etlichen Abgängen diverser Routiniers nach ihr, Eva-Maria Brem, 27, Elisabeth Görgl, 34, und Michaela Kirchgasser, 30, ein sehr großes Loch im ÖSV-Kader klafft?

61 Weltcupsiege, 185 Podestplätze, 23 Einzelmedaillen – diese Bilanz ist dem Damenskiteam durch die Rücktritte von Marlies Schild, Nicole Hosp, Andrea Fischbacher und Kathrin Zettel abhanden gekommen. Nun kommt auch Fenningers Statistik dazu: 14 Siege, insgesamt 43 Podestplätze. Im Vorjahr gab es nur drei Nicht-Fenninger-Siege für die ÖSV-Damen.

In einer Saison, sie hebt am Samstag (ab 9.25 Uhr, ORF eins) in Sölden mit dem RTL der Damen an, ohne Großereignisse ist nun Geschick gefragt, Damen-Chef Jürgen Kriechbaum ist gefordert. Seit zwei Jahren versucht er, eine Verjüngung des Teams voranzutreiben, doch nur Cornelia Hütter, 22, hat es als einzige der 1990er-Generation ins nach Anna Fenningers Verletzung nur noch sechs Damen zählende Team geschafft. Nun gibt es keine Alternative mehr – der Umbau muss schnell vonstatten gehen.

Kriechbaum sagt, dass weitere Mädchen den Sprung schaffen würden, elf stünden ante portas. „Wir schaffen Berührungsflächen, um den Respekt vor dem Weltcup abzubauen. Mit der Hoffnung, dass die Mädchen mit gesundem Selbstbewusstsein hineinwachsen.“ Im Europacup gilt es, Erfahrungen zu sammeln, Fixplätze zu sichern. Kriechbaum nennt Lisa Maria Zeller, Katharina Truppe und Ricarda Haaser. Die Tirolerin, 22, wird hauptsächlich Technikbewerbe bestreiten. Gründe für das schwindende Interesse an der Skikarriere wären Aufwand, Dauer, (bis zuletzt geringe) Chancen auf den ÖSV-Platz, Gesellschaft, Interessen; der Gründe gibt es sonder Zahl. Dass etwa Schweden nun mit jungen Slalom-Girls aufhorchen lässt, irritiert Kriechbaum nicht. Man brauche „sich nicht zu verstecken“.

Es gelingt ab sofort auch nicht mehr. Fenningers langer, schützender Schatten ist verschwunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wintersport

Ski alpin: Weltcup schockiert von Fenninger-Out

Das Saisonende von Anna Fenninger ist in Sölden Thema Nummer eins. Teamkolleginnen und Konkurrentinnen sind fassungslos.
PK OeSV : ANNA FENNINGER
Wintersport

Fenninger nach Verletzung "psychisch angeschlagen"

Ski-Weltcup-Gesamtsiegerin Anna Fenninger hat die erste Nacht nach der Knieoperation gut überstanden, die Rehabilitation beginnt.
YEARENDER 2015 MARCH
Wintersport

Nach Fenninger-Sturz: "Das ist richtig brutal"

Anna Fenninger hat sich beim Riesentorlauftraining in Sölden nach einem Sturz einen Kreuzbandriss zugezogen. Die Saison ist damit vorzeitig beendet.
�SV-EINKLEIDUNG: FENNINGER/HIRSCHER
Wintersport

Ski alpin: Neustart im Schatten der Zugpferde

Der Saisonstart in Sölden rückt Hirscher & Fenninger in den Mittelpunkt. ÖSV-Youngsters können ohne Druck fahren, so Hans Pum.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.