Lindsey Vonn: Die Letzte ihrer Generation

Lindsey Vonn hat einen schwierigen Sommer hinter sich, viele rechneten gar mit ihrem Karriereende.
Lindsey Vonn hat einen schwierigen Sommer hinter sich, viele rechneten gar mit ihrem Karriereende.(c) APA/EPA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
  • Drucken

Lindsey Vonn hat ihre Verletzung überstanden. Die erfolgreichste Skifahrerin der Welt will in Aspen in ihre 16. Weltcupsaison starten. Die Rekordjagd soll noch lang weitergehen.

Aspen. Kaum jemand fährt im Training so aggressiv und furchtlos wie Lindsey Vonn. Ein Bruch des Sprunggelenks im August in Neuseeland war die Folge. Der Weltcupauftakt in Sölden kam noch zu früh für Vonn, doch am Freitag wird sie beim Riesentorlauf in Aspen (18/21 Uhr MEZ, live ORF eins) in den Kampf um den Gesamtweltcup eingreifen.

Weil Anna Fenninger verletzt ausfällt und Tina Maze eine Auszeit nimmt, ist Vonn in diesem Winter eine der Topfavoritinnen. Sie ist heuer außerdem die einzige Aktive, die schon eine große Kristallkugel gewonnen hat. „Ich bin die Letzte meiner Generation von Rennläuferinnen“, erklärte die 31-jährige US-Amerikanerin unlängst in einem Interview. Tatsächlich hat es Vonn in ihrer 16. Weltcupsaison vor allem mit Gegnerinnen in den Mittzwanzigern zu tun, die großen Rivalinnen von früher wie Anja Pärson oder Maria Höfl-Riesch sind längst zurückgetreten.

Mit 67 Siegen ist Vonn die erfolgreichste Athletin in der Geschichte des Weltcups. Niemand wird in absehbarer Zeit auch nur in die Nähe dieser Marke kommen. Viermal hat sie bereits den Gesamtweltcup gewonnen, in ihrem Haus in Vail stehen außerdem noch 15 kleine Kugeln für die Disziplinenwertungen.

Wenn nun auch der Körper mitspielt, ist ihr der fünfte Gesamtweltcupsieg durchaus zuzutrauen. Mental sei sie jedenfalls bereit für die neue Saison, erklärte Vonn. Für die US-Amerikanerin ist dieses Mal allerdings Landsfrau Mikaela Shiffrin die Topfavoritin. Der Jungstar wiederum nennt ausgerechnet Vorbild Vonn als erste Anwärterin.

Aber auch Shiffrin träumt vom Gesamtweltcupsieg, hat sich im Riesentorlauf verbessert und wird auch im Super-G starten. Shiffrin wurde früh gefördert, ihre Karriere durchgeplant. Auch Vonns Eltern taten alles für den Erfolg ihrer Tochter, zogen mit der elfjährigen Lindsey und den Geschwistern von Minnesota in das US-Skimekka Vail. Während die 20-jährige Shiffrin aber locker und abgeklärt wirkt, hatte Vonn stets mit dem enormen Druck zu kämpfen.

Private Tiefschläge

Es kam zum Zerwürfnis mit ihrem Vater, die Ehe mit dem Skirennläufer Thomas Vonn scheiterte. Vonn gab zu, seit Jahren Antidepressiva zu nehmen. Sportlich stoppte die Weltmeisterin und Olympia-Siegerin erst eine schwere Knieverletzung, die sie bei der WM 2013 in Schladming erlitt. Kurz nach ihrer Rückkehr zehn Monate später riss das Kreuzband ein zweites Mal, Olympia 2014 in Sotschi verpasste sie. Doch Vonn hat sich von allen Rückschlägen erholt, kam immer wieder zurück und siegte. Auch abseits der Piste weiß sie sich zu inszenieren. Vonn ziert Magazin-Cover und ist längst zu ihrer eigenen Marke geworden.

Der Sommer war aber wieder kein leichter. Die besorgte Familie hat ihr ans Herz gelegt, mit dem Skifahren aufzuhören. Nach der Trennung von Golfstar Tiger Woods ist sie außerdem erstmals seit längerer Zeit wieder Single gewesen. Doch genau das war der Schlüssel: Vonn konnte sich wieder ganz auf sich selbst konzentrieren, hat weitertrainiert und gemerkt, dass sie stark genug ist, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

Stenmark im Visier

Und die Entscheidung fiel eindeutig aus. Obwohl sie ein Familienmensch sei, hat sie ihr Privatleben noch einmal hintangestellt. Ihr sportliches Ziel ist klar definiert: Bis zu den Olympischen Spielen 2018 in Südkorea will Vonn den Weltcup auch gegen die zehn Jahre jüngere Konkurrenz dominieren; und sie ist überzeugt, wie bisher die großen Rekorde im Skisport jagen zu können – auch die 86 Weltcupsiege des Schweden Ingemar Stenmark. „Ich habe die Möglichkeit, meine Karriere auf ein völlig neues Level zu heben“, sagt Vonn. „Es kam mir nie in den Sinn aufzuhören.“

Auf einen Blick

Lindsey Vonn, 31, wird am Freitag beim Riesentorlauf in Aspen ihr Comeback geben, nachdem sie sich im Sommer am Knöchel verletzt hatte. In Sölden hatte die US-Amerikanerin noch gepasst, nun nimmt die Rekordsiegerin ihre bereits 16. Weltcupsaison in Angriff. In Abwesenheit von Anna Fenninger und Tina Maze zählt Vonn gemeinsam mit Landsfrau Mikaela Shiffrin zu den Favoritinnen für den Gesamtweltcupsieg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.