Hannes Reichelt und Co wollen in den USA die norwegischen Topfavoriten Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud angreifen.
Sechs Tage nach dem Saisonstart in Lake Louise geht am Freitag in Beaver Creek die zweite Saisonabfahrt der Herren in Szene. Österreichs Asse starten einmal mehr eher als Außenseiter in den Nordamerika-Klassiker, mit dem auch die "Elchjagd" auf Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud prolongiert wird. Hannes Reichelt hofft, im zehnten Anlauf dort endlich auch in der Abfahrt ganz vorne zu sein.
Vier Mal (2005, 2007, 2014 und 2015) ist dem Salzburger das auf der berüchtigten "Raubvogelpiste" mit ihren vielen Mutpassagen wie Steilhang und Golden Eagle im Super-G schon gelungen. "Aber in der Abfahrt fuchst es mich hier vor allem im Steilhang", rätselt der technisch so starke Radstädter, warum es gerade in der eigentlich auf ihn zugeschnittenen Passage seit Jahren nicht rund läuft.
Österreichs Herrenchef Andreas Puelacher hat auch bemerkt, dass Reichelt dort immer wieder kleine Fehler einstreut. "Trotzdem. Wir fahren hier um das Podest mit und der Hannes kann sogar gewinnen", ist der Herrenchef überzeugt. In Lake Louise hatten Max Franz und Matthias Mayer mit den Plätzen sechs und acht die ÖSV-Bilanz gerettet. "Aber Beaver Creek ist technisch anspruchsvoller, das sollte uns mehr liegen", hofft Puelacher.
Achtjährige ÖSV-Durststrecke
Reichelt war in Kanada nach Setup-Problemen sogar nur 18. geworden. Sein erster Abfahrtssieg in Beaver Creek wäre in Hermann Maiers einstigem Wohnzimmer auch der erste für die ÖSV-Herren dort seit acht Jahren. Als bisher letzter Österreicher hat Michael Walchhofer 2008 für den ÖSV in der Beaver-Abfahrt triumphiert.
Reichelt war für das erste der drei Beaver-Rennen am Freitag (18.45 Uhr MEZ, live ORF 1) nur bedingt zuversichtlich, denn auch die Konkurrenz ist stark. Neben Kanada-Doppelsieger Svindal werden der wiedererstarkte Peter Fill (ITA), Zweiter und Dritter zuletzt in Kanada, sowie der Franzose Guillermo Fayed immer wieder genannt. "Selbst Jansrud ist wieder zurück", stufte Reichelt auch den zweiten Norweger, der im Vorjahr die ersten drei Saisonabfahrten gewonnen hatte, hoch ein.
Seine eigenen Chancen beurteilte Reichelt nach dem ersten Training so: "Ich kann vorne mitmischen, wenn ich den Steilhang endlich richtig gut fahre. Wenn ich den aber auch im Rennen wieder gleich runternudle, wird das nix", fürchtet der von seinen angereisten Eltern angefeuerte Routinier.
Dass sich Österreichs Abfahrer beim Kunstschnee-Saisonstart in Übersee seit längerem schwertun und dann auch am Saisonbeginn in Europa (Gröden) oft nur zäh in die Gänge kommen, ist bekannt. Diesmal soll dieser Teufelskreis möglichst schon in Nordamerika durchbrochen werden.
Mayer fehlt noch die Routine
Etwa durch Mayer. Der Abfahrts-Olympiasieger hofft zwar eher auf Samstag ("Im Super-G kann ich in jedem Gelände schnell sein") und weiß, dass ihm in der Abfahrt noch etwas die Routine fehlt. "Auch Svindal hat mit 25 Jahren noch nicht alles gewonnen", gab sich der Kärntner unverdrossen. "Prinzipiell taugt mir die Abfahrt hier ja sehr, leider bin ich aber nicht schnell."
Das Gute bei Mayer ist, dass er in Colorado erstmals seit seiner Mitte Oktober erlittenen Schuhrandprellung fast schmerzfrei unterwegs ist. Deshalb setzt auch Puelacher große Stücke auf ihn. "Wenn dir etwas wehtut, kannst du nicht so befreit fahren, weil du ständig den Schmerz im Hinterkopf hast. Ich bin froh, wenn Matthias endlich fit wird, auch in Richtung Riesentorlauf", sagte Puelacher. Den möchte Mayer am Sonntag ebenso fahren wie Reichelt und Franz.
Franz hat mit der anspruchsvollen "Birds-of-Prey"-Piste noch etwas offen. Mehrmals schon hat sich der im Weltcup noch immer sieglose Kärntner hier verletzt. "Ich mag den Hügel ja ganz gerne. Er mich anscheinend aber nicht."
Dezimiertes ÖSV-Team
Durch die verletzungsbedingten Ausfälle von Joachim Puchner sowie der in Kanada gestürzten Markus Dürager und Thomas Mayrpeter fehlen dem ÖSV-Abfahrtsteam nun alle drei Läufer mit Europacup-Fixplätzen im Speed. "Das ist extrem schade. Ihnen wird damit auch die Chance genommen, ohne Stress für die Zukunft zu lernen", bedauerte Puelacher. Man hätte ursprünglich mit gleich zwölf Fahrern in der Abfahrt antreten können, jetzt sind es "nur" noch neun.
Dennoch musste vor der Abfahrt eine Personalentscheidung getroffen werden. Patrick Schweiger fährt anstelle von Florian Scheiber die Abfahrt, dafür kommt Scheiber im Super-G statt Klaus Kröll zum Einsatz.
(APA)