Vierschanzentournee: Von Bullen, Bären, Adlern und Hühnern

NORDIC COMBINED - FIS WC Ramsau
NORDIC COMBINED - FIS WC Ramsau(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Harald Steiner)
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Die Lufthoheit haben die ÖSV-Adler verloren, das Warten auf einen Tages- oder Saisonsieg weckt weiterhin Kritik. Boulevardmedien höhnen, ÖSV-Direktor Ernst Vettori ist sauer. Schlierenzauer pausiert weiter.

Bischofshofen/Wien. Neustart, Generationenwechsel, Absturz, Verlierer – „Suppenhühner“: Der Verlust der Lufthoheit der ÖSV-Adler gibt weiterhin Anlass zu Spekulationen, und nicht nur für Boulevardmedien ist es ein gefundenes Fressen, mit den seit 2009 bei der Vierschanzentournee stets siegreichen Österreichern abzurechnen. Vor dem Finale in Bischofshofen ging die ÖSV-Spitze in die Offensive.

Man kenne die Situation, habe das Wissen und Können, aus diesem Tief herauszufinden, sagt ÖSV-Direktor Ernst Vettori. „Wir haben eine Situation, die nicht so schlecht ist, wie sie geredet wird. Wir reden uns aber auch nichts schön – jetzt sind eben einmal andere dran . . .“

Seriensieger, egal, ob Tour de France, Formel 1 oder Skispringer, werden von den Fans bewundert. Dass mit jedem Erfolg automatisch auch der Neid der Unterlegenen wächst, ist ebenso verständlich wie die Erleichterung, wenn eine Trendwende eingeleitet worden ist. Seit 2009 gewann immer ein ÖSV-Springer die Tournee, nun war eben der Slowene Peter Prevc auf dem Sprung zum Gesamtsieg. Das belebe doch das Geschäft, sagt Vettori, 51, der seit Herbst 2010 als Toni Innauers Nachfolger die Geschicke der Springer und Kombinierer leitet. Der Absamer, Olympiasieger 1992 in Albertville, kennt alle Tücken dieser Branche. Auch gab es unzählige Siege und Medaillen, doch man unterliege einem Wandel, alles im Leben unterliege ihm. Bulle, Bär, Hausse, Baisse, Adler, Huhn – es gehe weiter, und wer weiß, so der Tiroler, vielleicht platze bereits am Kulm der Knoten, und eine Medaille lässt manchen Unmut schnell vergessen.

Das sagt auch Cheftrainer Heinz Kuttin, der Stefan Kraft und Michael Hayböck als zwei Aushängeschilder der neuen Generation preist. Kraft, 22, siegte im Vorjahr, sein Zimmerkollege war nun einer der Sieganwärter. Kuttin beteuert, dass entgegen vieler Einwürfe auch aus dem Kontinentalcup sehr wohl weitere Springer nachrücken werden. „Aber das dauert, da ist Geduld gefragt.“ Namen nannte er jedenfalls keine. Fakt aber ist, dass viele Talente an der Dominanz der Truppe rund um Morgenstern oder Schlierenzauer, also der „goldenen Generation“, zerschellt sind. Dass sei kein Vorwurf, es bestand ja kein Handlungsbedarf. „Die Jungen hatten dadurch aber keine Chance, oben reinzukommen. Das spüren wir jetzt.“ Es ist messbar: im Einzel sieglos, als Team nur Vierter im Nationencup und für die Skiflug-WM auf dem Kulm (ab 14. Jänner) ohne Spezialisten. Schlierenzauer soll, wird gemunkelt, auch in Bad Mitterndorf fehlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2016)

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