Wengen: Herausforderungen eines Klassikers

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Die originale Streckenführung der Lauberhorn-Abfahrt in Wengen ist gesichert, doch die schlechte Wetterprognose bereitet Sorgen. Der ÖSV kämpft mit Kombinierer-Engpass.

Wien. Die Schweizer Organisatoren der Lauberhornrennen in Wengen sind Wetterkapriolen des europäischen Winters gewöhnt. Im Vorjahr erzwang Schneefall die Verschiebung der Abfahrt auf Sonntag, vor der heurigen 86. Auflage sorgten grüne Wiesen und Regen für Sorgenfalten und besondere Maßnahmen: Erstmals in der Geschichte werden Kombi- (Freitag) und Spezialslalom (Sonntag) auf dem untersten Teil der Abfahrtsstrecke stattfinden. Die Konzentration galt voll und ganz der Rettung der Piste für die klassische Lauberhornabfahrt am Samstag – mit Erfolg.

Die traditionelle Streckenführung inklusive Ziel-S ist vorerst gesichert, heute steigt das erste Training. 4480 Meter Länge verlangen den Athleten nicht nur Kraft und einen langen Atem ab, bei Russisprung, Traverse oder Hundschopf sind auch Mut und Überwindung gefragt. Der Streckenrekord datiert mit 2:24,23 Minuten im Jahr 1997, gehalten vom Italiener Kristian Ghedina. „Das Panorama und die Abfahrt sind einzigartig“, schwärmt Vorjahressieger Hannes Reichelt.

Allerdings bleibt das Wetter nach wie vor ein Risikofaktor. Aufgrund der angesagten Schneefälle wurde bereits der Trainingsauftakt um einen Tag verschoben, auch für das Rennwochenende sind dichte Wolken und Schnee prognostiziert. Angesichts drohender Verschiebungen im Programm legte der Schweizer Wetterdienst Lauberhorn-Besuchern vorsorglich „Händsche und Chappe“, Handschuhe und Haube, ans Herz.

Die ÖSV-Abfahrer verfolgten dies wie ihre Schweizer Kollegen aus der Ferne, die Eidgenossen bereiteten sich kurioserweise nicht in der Heimat, sondern in Schladming auf den Lauberhorn-Klassiker vor. Auch Reichelt schob auf der Planai Frühschichten, um den Hobbyfahrern zu entgehen. Teamkollegen gingen andere Wege, so fungierte etwa Max Franz als Vorläufer bei den Damenrennen in Zauchensee. Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher ist zufrieden: „Trainingstechnisch waren wir sehr gut abgedeckt.“

Während das ÖSV-Team die Abfahrt in voller Besetzung antreten wird, herrscht für die erste von drei Kombinationen in diesem Winter Personalmangel. „Die Kombinierer gehen mir aus“, klagte Puelacher. Marcel Hirscher hat abgesagt, der Weltmeister wird erst kommende Woche in Kitzbühel in diese Disziplin eingreifen. Mit Joachim Puchner (Patellasehnenverletzung), Matthias Mayer (zwei Brustwirbel gebrochen), Markus Dürager (Beinbrüche) und Thomas Mayrpeter (Kreuzbandriss) fallen weitere vier Kandidaten verletzungsbedingt aus.

Qualität statt Quantität

Für den Kombinationsbewerb in Wengen bleiben somit nur noch Romed Baumann, Vincent Kriechmayr, Max Franz sowie Otmar Striedinger übrig. Selbst das Aufstocken mit Europacupfahrern ist diesmal nicht möglich, da diese am Wochenende eingeschobene Speedrennen auf der Reiteralm absolvieren. „Die Leute sollen langsam aufgebaut werden“, betonte Puelacher, der grundsätzlich ohnehin lieber auf „Qualität statt auf Quantität“ setzt.

Für die Zukunft soll Marco Schwarz eine Option werden, noch aber käme ein Einsatz für den 20-jährigen Kärntner zu früh. „Ich setzte die Burschen nicht ein, wenn sie nicht trainiert haben, das ist ja hier keine Babyabfahrt, sondern das Lauberhorn“, sagte Puelacher. „Es geht darum, die Leute kontinuierlich aufzubauen.“ Auch Hirscher sieht großes Potenzial in seinem jungen Teamkollegen. „Marco ist der Allrounder schlechthin für die Zukunft, der kann alles“, meinte der Gesamtweltcupsieger.

Schwarz selbst möchte sich vorläufig noch auf Slalom und Riesentorlauf konzentrieren. „Ich bin schon lang nicht mehr auf den langen Skiern gestanden. Es hätte keinen Sinn, da jetzt draufzustehen und Rennen zu fahren“, sagte der Jugendolympiasieger in der Kombination. „Ich habe in der ganzen Vorbereitung nur Slalom und Riesentorlauf trainiert, daher ist es wichtiger, da jetzt vorn reinzufahren.“ Im Dezember ist ihm dies mit Platz drei im Madonna-Slalom, seinem besten Weltcup-Resultat, bereits gelungen. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2016)

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