Kitzbühel: Ein Norweger gibt Rätsel auf

 Aksel Lund Svindal ist weiterhin nicht aufzuhalten.
Aksel Lund Svindal ist weiterhin nicht aufzuhalten.(c) APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Aksel Lund Svindal gewann den Super-G in Kitzbühel vor dem US-Amerikaner Andrew Weibrecht und ÖSV-Ass Hannes Reichelt. Für den norwegischen Routinier war es die Fortsetzung einer außergewöhnlichen Erfolgsserie.

Das Bild war ein altbekanntes. Aksel Lund Svindal hatte dieses verschmitzte Grinsen im Gesicht, er lächelte, winkte ab und zu in die TV-Kameras. Wieder einmal. Svindal, 33, hatte am Freitag als Schnellster seine Spuren in den wegen der tiefen Temperaturen der vergangenen Tage besonders harten Schnee von Kitzbühel gezogen. Er triumphierte im Super-G vor dem US-Amerikaner Andrew Weibrecht (+0,31) und Hannes Reichelt (+0,42).

Konkurrenten, Trainer, Wettanbieter – alle hatten den Norweger schon vor dem Rennen vorn gesehen, eine absolut schlüssige Annahme. Im neunten Speedrennen der Saison war Svindal zum siebenten Mal nicht zu bezwingen, fuhr erneut in einer eigenen Liga.

Die Wertigkeit von Kitzbühel

Die Konkurrenz rätselte zum wiederholten Mal in diesem Winter, worauf die Stärke des Routiniers basiert, wie er zu schlagen sein könnte. „Wenn wir wüssten, wieso sie so gut fahren, wären wir vorn“, bemerkte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel trocken und sprach nicht nur von Svindal, sondern dem gesamten norwegischen Team. Denn knapp hinter Reichelt lauerte auf Rang vier mit 0,53 Sekunden Rückstand mit Kjetil Jansrud bereits der zweite „Superelch“ – und auch im Slalom stellen die Skandinavier mit dem 21-jährigen Henrik Kristoffersen den momentan stärksten Läufer im Feld.

Reichelt war am Freitag ein sehr gutes, aber längst kein fehlerfreies Rennen gefahren. In der Traverse hatte er die optimale Linie weit verfehlt, wäre beinahe in ein Tor gekracht. „Da haben nur ein paar Zentimeter gefehlt“, wusste der Salzburger, der gestand: „Ich war am Limit.“ Doch selbst wenn Reichelt wie zuletzt in der Wengen-Abfahrt ein „nahezu perfekter Lauf“ glückt, ist Svindal immer noch flotter unterwegs. „Aksel“, bekräftigte er, „ist in großartiger Form, aber mir fehlt nicht viel auf die Spitze.“

Die Favoritenfrage für die Abfahrt am Samstag (11.45 Uhr, live in ORF eins) stellt sich im Grunde nicht, Svindal bietet sich auf der Streif sogar die Chance auf das Abfahrts-Double mit Wengen und Kitzbühel. Trotz Hochform und grübelnder Konkurrenz ist das Unterfangen kein leichtes, hat doch der Sieger von 32 Weltcuprennen noch nie das bekannteste Skirennen der Welt gewonnen. Svindal würde dieses Manko „liebend gern“ beseitigen, möchte zugleich Druck von sich weisen, indem er sagt: „Es ist das größte Weltcup-Rennen, das wir haben, aber ist es doppelt so viel wert wie ein beliebiges anderes Rennen? Ich glaube nicht.“

Ein Wengen-Kitzbühel-Double ist durchaus eine Seltenheit, wie die Vergangenheit zeigt. Seit 1967 gelang dieses nur 14 Läufern, geschafft haben es Legenden wie Jean Claude Killy (FRA, 1967), Gerhard Nenning (AUT, 1968), Karl Schranz (AUT, 1969), Roland Collombin (SUI, 1974), Franz Klammer (AUT, 1975, 1976, 1977), Ken Read (CAN, 1980), Harti Weirather (AUT, 1982), Marc Girardelli (LUX, 1989), Franz Heinzer (SUI, 1992), Lasse Kjus (NOR, 1999), Stephan Eberharter (AUT, 2002) und zuletzt Didier Défago (SUI, 2009).

Der amerikanische Traum

Ganz anders als Svindal sprach Andrew Weibrecht über Kitzbühel und den Mythos, der von den Hahnenkamm-Rennen seit über sieben Jahrzehnten ausgeht. Der US-Amerikaner, bei den Winterspielen 2010 und 2014 im Super-G mit Bronze respektive Silber dekoriert, sagte: „Hier auf dem Podest zu stehen ist besser als eine Olympia-Medaille. Für mich ist ein Traum wahr geworden.“ An Ort und Stelle hatte Weibrecht „vor vielen Jahren“ seine ersten Super-G-Punkte geholt, diesmal sprach der 29-Jährige aus Lake Placid im US-Bundesstaat New York von einem „großartigen Tag“. Nur ein Sieg in der heutigen Abfahrt könne dieses Glücksgefühl übertreffen.

Anders als für den Super-G wird für die Abfahrt keineswegs Traumwetter erwartet, die Prognosen sind nicht verheißungsvoll. Erstmals seit 2013 soll der Klassiker wieder auf der Originalstrecke in Szene gehen, Fans und Läufer sehnen die Streif in ihrer reinsten Form herbei. „Mein größter Wunsch ist, dass wir von oben fahren. Wenn du von weiter unten startest, fehlt etwas vom Spektakulären“, meinte Reichelt, der hier vor zwei Jahren triumphierte.

ERGEBNIS Super-G

1. Aksel Lund Svindal (NOR) 1:11,79
2. Andrew Weibrecht (USA) +0,31
3. Hannes Reichelt (AUT) +0,42
4. Kjetil Jansrud (NOR) +0,53
5. Dominik Paris (ITA) +0,72
6. Peter Fill (ITA) +0,83
7. Mattia Casse (ITA) +0,85
8. Romed Baumann (AUT) +0,92
9. Carlo Janka (SUI) +0,95
10. Andreas Sander (GER) +1,11
Weiters: 11. Vincent Kriechmayr (AUT) +1,19
14. Georg Streitberger (AUT) +1,32
18. Otmar Striedinger (AUT) +1,65
23. Marcel Hirscher (AUT) +1,90
27. Klaus Kröll (AUT) +2,01

Samstag: Streif-Abfahrt, 11.45 Uhr, ORF eins.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2016)

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