Ski alpin: Hirscher nach Brillen-Fauxpas dankbar über Aufholjagd

Marcel Hirscher
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Bei Marcel Hirscher überwog in Schladming die Erleichterung über den zweiten Platz hinter Seriensieger Henrik Kristoffersen.

In Schladming musste Marcel Hirscher zum fünften Mal in dieser Saison in einem Weltcup-Slalom Henrik Kristoffersen den Vortritt lassen müssen, dennoch überwog dieses Mal die Freude. Der Salzburger hatte den ersten Durchgang wegen einer angeschlagenen Brille quasi im Blindflug absolvieren müssen, ein entfesselter zweiter Lauf katapultierte ihn noch auf den zweiten Platz.

"Die größte Emotion heute ist die Dankbarkeit. Das überwiegt alles", sprach Hirscher nach einem turbulenten, spannenden Nightrace, das kaum einen Zuschauer ruhig sitzen ließ. Dankbar war der Salzburger vor allem darüber, dass sein "Flüchtigkeitsfehler" mit seiner Brille, die wegen eines falsch eingesetzten Glases mehr und mehr anlief, letztlich gut ausging.

Seinen ersten Lauf beschrieb er wie eine Fahrt durch dichten Nebel. "Oben bis zur ersten Zwischenzeit war es ganz normal. Dann ist es immer mehr und mehr geworden, und herunten habe ich mir wirklich gedacht, ich finde das Tor nicht", erzählte er. "Ich habe nur gehofft, dass ich irgendwie durchkomme. Innerlich habe ich immer so überlegt: Soll ich die Brille jetzt hinunterreißen? Wie soll ich sie hinunterreißen? Ich habe ja Stöcke in der Hand."

Schwierige Bedingungen

Die äußeren Umstände waren aber auch nicht einfach, meinte Hirscher. "Die Feuchtigkeit steigt irrsinnig auf. Es hat viel geregnet, jetzt wird es kalt draußen. Ich schwitze wie ein Depp am Start", erklärte der Weltcup-Titelverteidiger. Dazu habe er mit seinen gelaserten Augen einen Nachteil, da die nach der Operation etwas luftempfindlicher seien als davor. Er benutze daher komplett abgeklebte Brillen. "Das ist wie eine Taucherbrille. Wenn ich dann eine heiße Stirn habe, die feucht ist, und die Luft ist feucht, ist es grenzwertig."

Nach Platz 22 im ersten Durchgang katapultierte sich Hirscher im zweiten mit Laufbestzeit noch auf Platz zwei. Vielleicht wäre sogar noch mehr möglich gewesen, wenn er seine Power im unteren Abschnitt nicht gedrosselt hätte. "Ich habe mir gedacht: Ui, das halte ich nicht aus bis ganz unten. Da habe ich etwas taktiert."

Die rot-weiß-roten Skifans haben nun drei Jahre keinen Weltcup-Heimsieg auf der Planai bestaunen dürfen - die längste Durststrecke seit Etablierung des Slaloms im Weltcup-Kalender in der Saison 1996/97. 2013 fand aufgrund der WM kein Rennen statt. Zuletzt hatte Hirscher 2012 gewonnen, der sich im darauffolgenden Jahr auch zum Slalom-Weltmeister kürte.

Kristoffersen freut sich über "Heimsieg"

Mit Kristoffersen gab es jedoch einen Quasi-Heimsieg, weil der schlaksige Norweger seine Zelte seit kurzem unweit der Planai entfernt aufgeschlagen hat. "Ich lebe jetzt fünf Minuten von hier in Ramsau. Das ist wie meine Heimat", so der 21-Jährige, der von einem seiner besten Tage in seinem Leben sprach.

Mit seiner Freundin werde er seinen Erfolg aber nicht feiern. Das sei nicht möglich, da er trotz gegenteiliger Informationen derzeit solo sei, klärte Kristoffersen auf. "Ich bin Single", entgegnete er, als er auf TV-Bilder angesprochen wurde, die zwei blonde Frauen zeigten, wobei die jüngere als vermeintliche Partnerin der Slalom-Koryphäe ausgegeben wurde. "Die Frau links ist meine Mutter, die schwangere Frau rechts die Freundin von Christian Mitter (Cheftrainer der norwegischen Ski-Herren; Anm.)."

Gesamtweltcup-Duell: "Geht um die Wurscht"

Sowohl Hirscher und Kristoffersen reisen nun nach Garmisch-Partenkirchen, wo am Sonntag seit langem wieder einmal ein Riesentorlauf auf dem Programm steht. Zuletzt hatte Hirscher am 20. Dezember in Alta Badia vor dem Norweger gewonnen, der Bewerb in Adelboden am 9. Jänner wurde wetterbedingt abgesagt. Danach steht für Hirscher die Reise nach Südkorea auf dem Programm.

"Es schaut zu 99 Prozent so aus", verriet der 26-Jährige. Dabei gehe es nicht um die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2018, sondern um den Gesamtweltcup, den er nun vor dem verletzten Aksel Lund Svindal anführt. "Wenn es nur ums Einzelresultat gehen würde, wäre auch eine Sache wie heute nicht so schlimm. Aber so geht es um die Wurscht." Kristoffersen (871 Punkte) liegt als Dritter nur noch 98 Zähler hinter Hirscher (969).

Unter den Erwartungen blieben in Schladming die mit großer Zuversicht ins Rennen gegangenen übrigen Österreicher. Mit einer Ausnahme: Marc Digruber fuhr mit Platz zehn sein zweitbestes Weltcup-Resultat nach Santa Caterina heraus, wo er Neunter war. Neben Digruber (25.) und Hirscher hatte nur noch Manuel Feller (24.) die Qualifikation für das Finale geschafft. Der "Kamikaze-Pilot" schied dort zum dritten Mal in Folge aus.

(APA)

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