Ski alpin: Tückischer Blick in die Kristallkugel

(c) GEPA pictures / Harald Steiner
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Die Weltcupsaison ist zu Ende, das Après-Ski beim ÖSV-Team fällt ernüchternd aus. Die Skination Österreich lebt von Marcel Hirscher.

St. Moritz/Wien. Zwei Kristallkugeln nahm der Salzburger beim Weltcupfinale in St. Moritz in Empfang, eine kleine für die Riesentorlaufwertung, die große für den historischen fünften Gesamtweltcup in Folge. Zuvor fuhr Hirscher im letzten Slalom der Saison als Zweiter noch einmal auf das Podest, geschlagen nur vom Schweden André Myhrer.

Es war Hirschers 19. Stockerl der Saison, insgesamt brachten es die ÖSV-Herren auf 29 Podestplätze. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 32, im Rekordwinter 1999/2000 sogar 70. In diesem Winter gingen alle acht Siege auf das Konto von Hirscher. Ohne dessen 1795 Punkte (nur Hermann Maier hatte im Jahr 2000 mehr) wäre das rot-weiß-rote Herrenteam im Nationencup hinter Frankreich, Norwegen (Bestmarke mit 19 Tagessiegen) und Italien gar nur Vierter.

„Das wird heuer nichts mehr“

Auch in den Speed-Bewerben sorgte Hirscher für den einzigen Herren-Erfolg des Winters (Super-G Beaver Creek), keinen Sieg für österreichische Abfahrer gab es zuletzt 2009/10. Auch wenn Matthias Mayer eine lange Verletzungsliste anführte und Hannes Reichelt der Sturz in Kitzbühel nachhing, erwartete sich ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel bessere Leistungen der Speedläufer. Noch im April sollen Entscheidungen fallen. Schröcksnadel und Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher wollen aber an Speedtrainer Florian Winkler festhalten.

Erfreulich entwickelt hat sich die junge Slalomgruppe von Marko Pfeifer. Mit Marco Schwarz, Marc Digruber und Manuel Feller schafften es drei Läufer zum Weltcupfinale der Top 25. Schwarz und Feller überzeugten mit den Plätzen vier und sechs – überstrahlt nur vom zweitplatzierten Hirscher. Der 27-Jährige erinnerte einmal mehr daran, dass es am Ende wieder sehr gut gepasst habe. Der persönliche Punkterekord unterstreiche seine bisher beste Saison. „Trotzdem gab es Momente, wo man sich gedacht hat, das wird heuer nichts mehr, das wird knapp“, resümierte Hirscher. Der Drohnen-Zwischenfall in Madonna di Campiglio, die verschwundenen Riesentorlauf-Skier in Alta Badia, dann das falsch eingesetzte Brillenglas in Schladming: Was, wenn der Gesamtweltcup auf diese Weise verloren geht?

Dass er so gut durch den Winter gekommen sei, verdanke er auch der Arbeit seines Teams mit Vater Ferdinand Hirscher, Trainer Michael Pircher, Servicemann Edi Unterberger, der sich in den Ruhestand verabschieden wird, sowie den Physiotherapeuten Alexander Fröis und Gernot Schweizer. Er könne freilich nur für sich selbst Bilanz ziehen, sagte Hirscher. Es stehe ihm nicht zu, zu beurteilen, ob andere „falsch, weniger, mehr, besser, schlechter, wie auch immer aufgestellt“ seien.

Brem mit Hundertstel-Glück

Die zweite herausragende Leistung im ÖSV-Alpinteam brachte Eva-Maria Brem. Die Tirolerin sicherte sich beim finalen Riesentorlauf in St. Moritz die kleine Kristallkugel. Platz vier reichte am Ende – wäre Brem aber nur fünf Hundertstel Sekunden langsamer gewesen, wäre die Kugel an Tagessiegerin Viktoria Rebensburg gegangen.

Insgesamt verbuchte das Damenteam in diesem Winter 19 Podestplätze, und damit deutlich weniger als 2014/15 mit 32. Stockerlplätze gab es in allen Disziplinen außer im Slalom (erstmals seit 1994/95). Cornelia Hütter im Super-G – als Siebente beste ÖSV-Läuferin in der von Lara Gut (SUI) gewonnenen Gesamtwertung – und Mirjam Puchner in der Abfahrt kürten sich zu Premierensiegerinnen im Speedbereich. Brem schlug im Riesentorlauf zweimal zu. Damen-Rennsportchef Jürgen Kriechbaum: „Das große Ziel für die nächsten Jahre ist, dass wir in jeder Disziplin mit vier Medaillenkandidatinnen angreifen können.“

Außerdem wird die zweifache Gesamtweltcupsiegerin Anna Fenninger zurückkehren. „Am Montag haben wieder alle null Punkte. Das heißt dann für mich, jetzt gehöre ich wieder dazu.“ (joe)

WELTCUPFINALE ST. MORITZ

Slalom, Herren: 1. Myhrer 1:43,75 2. Hirscher +0,14 3. Solevaag (NOR) +0,36 Weiters: 4. Schwarz (AUT) +0,58 6. Feller (AUT) +0,65
Slalomweltcup: 1.
Kristoffersen (NOR) 811 2. Hirscher 780 3. Neureuther (GER) 389.

Riesentorlauf, Damen: 1. Rebensburg (GER) 2:26,15 2. Barioz (FRA) +0,46 3. Gut +0,75 4. Brem +1,16.
RTL-WC: 1.
Brem 592 2. Rebensburg 590 3. Gut 472.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2016)

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