Ein höchst ungleiches Ländermatch

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Einmal mehr rettet Marcel Hirscher mit einem zweiten Platz im Riesentorlauf das Rennwochenende für den ÖSV. Den Weltcup aber dominieren derzeit die Norweger und Franzosen. "Wenn du auslässt, ist es nicht so gut&", sagt Hirscher.

Val-d'Isère/Wien. In Val-d'Isère fanden am Wochenende Weltcuprennen statt. Das muss so festgehalten werden, denn mitunter hatte es den Anschein, als würden norwegische und französische Meisterschaften ausgetragen. Österreichs Skiherren, und auch da nur in Person von Marcel Hirscher, sind nur noch Aufputz, wenn die derzeit dominierenden Nationen ihre volle Stärke ausspielen. In Super-G und Abfahrt vermochten es nur die Südtiroler Dominik Paris und Peter Fill, sich an Norwegens Platzhirsche Kjetil Jansrud und Aksel Lund Svindal heranzutasten. Beim abschließenden Riesentorlauf durchbrach einzig Marcel Hirscher die französische Phalanx.

In einem Rennen auf hohem Niveau wurde der Salzburger Zweiter, geschlagen um 0,49 Sekunden vom 24-jährigen Weltcup-Premierensieger Mathieu Faivre und vor drei weiteren Franzosen: Edeltechniker Alexis Pinturault, der im Riesentorlauf zum achten Mal in Folge auf dem Podest landete, Thomas Fanara und Victor Muffat-Jeandet. „Ich habe alles riskiert, recht viel besser kann ich nicht fahren“, erklärte Hirscher. „Mathieu war längs überfällig, heute hat er gezeigt, was er kann. Mehr als Platz zwei war da nicht drinnen.“

Der historische 3. Dezember

Hirschers Ausbeute nach Super-G (Platz 13) und Riesentorlauf: 100 Punkte (ÖSV gesamt: 283 Punkte). Außerdem behält er mit 80 Zählern Vorsprung auf Jansrud die Führung im Gesamtweltcup. Dass der Annaberger an diesem Wochenende einmal mehr die Ehre der Skination Österreich retten musste, wollte er nicht groß kommentieren. „Ich kann nur mein Bestes geben. Jeder bemüht sich so, wie es nur irgendwie möglich ist“, sagte er. Dennoch, Hirscher ergänzte zu seiner Rolle: „Wenn du auslässt, ist es nicht so gut.“

Bemüht haben sich im Riesentorlauf auch Philipp Schörghofer, er wurde respektabler Siebenter, für den Spezialisten eine ordentliche Steigerung gegenüber dem Auftakt in Sölden (22.). „Phasenweise super, phasenweise habe ich nachgelassen“, kommentierte der Oberösterreicher. Manuel Feller wurde Zwölfter, er habe sich mehr erwartet, sei noch nicht bei hundert Prozent, aber zuversichtlich. Der Tiroler komplettierte das beste ÖSV-Ergebnis des Wochenendes.

Schon nach Hirschers knapper Halbzeitführung hatten die Betreuer durchgeatmet, allen voran ÖSV-Sportdirektor Hans Pum. Das Abfahrtsdebakel des Vortages – nur viermal in der Geschichte des Weltcups schnitten Österreichs Abfahrer schlechter ab als an diesem 3. Dezember in Val-d'Isère – hatte ihn noch zur Aussage „Das ist unseres Skisports nicht würdig“ veranlasst.

Keine Leader in Sicht

Nicht zum ersten Mal werden nun neidische Blicke nach Norwegen und Frankreich geworfen. Eine Erklärung für deren Stärke ist der Mannschaftsgeist. Die Norweger haben das Teamwork zu ihrer Philosophie erhoben, auch die Franzosen profitieren von Ausnahmeathleten wie Pinturault, die auch ihre Kollegen stärker machen. Einst übrigens ein österreichisches Erfolgsrezept, man denke an die Teamleader Hermann Maier und Stephan Eberharter. Solche Persönlichkeiten fehlen in der ÖSV-Mannschaft, Hirscher geht bekanntlich mit eigener Entourage seinen eigenen (erfolgreichen) Weg.

Der 27-Jährige wird nun ein paar Tage in Österreich trainieren, ehe er nach Val-d'Isère zurückkehrt. Nach dem Ersatzprogramm für Beaver Creek wird dort auch nächstes Wochenende um Hundertstel gekämpft. Allerdings auf jener Bergseite, auf der Hirscher bereits drei Riesentorläufe gewann und die ein anspruchsvolleres Profil aufweist als die Piste Oreiller-Killy, die hohes Tempo, aber wenig Spektakuläres bot. Aber auch am Rocher de Bellevarde werden Österreichs Hoffnungen im ungleichen Ländermatch gegen Frankreich wieder auf Hirscher ruhen. „Alles sehr saubere Techniker. Dass sie gleich so dick da sind, ist schon gewaltig.“

RIESENTORLAUF VAL-D'ISÈRE

1. Mathieu Faivre (FRA) 2:25,01 Min.
2.
Marcel Hirscher (AUT) +0,49 Sek.
3.
Alexis Pinturault (FRA) +1,11

Weiters: 4. Thomas Fanara (FRA) +1,52. 5. Victor Muffat-Jeandet (FRA) +1,80. 6. Luca de Aliprandini (ITA) +2,13. 7. Philipp Schörghofer (AUT) +2,36. 8. Henrik Kristoffersen (NOR) +2,38. 9. Erik Read (CAN) +2,50. 10. Riccardo Tonetti (ITA) +2,58. 11. Ted Ligety (USA) +2,63. 12. Manuel Feller (AUT) +2,65.

Gesamtweltcup (nach 5 Rennen): 1. Hirscher280. 2. Jansrud (NOR) 200. 3. Pinturault (FRA) 184.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2016)

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