Kitzbühel: "Hier muss der ganze Berg bezwungen werden"

ALPINE SKIING - FIS WC Kitzbuehel
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Hannes Trinkl war ein Spezialist für Speed, wurde 2001 Abfahrtsweltmeister und dient seit 2014 dem Weltverband FIS als Renndirektor. In Kitzbühel blüht der 48-Jährige auf, er muss für sichere Rennen sorgen. Flutlichtennen schließt er nicht aus, in Kitzbühel wird allerdings nur tagsüber gefahren.

Die Presse: Waren Sie in Kitzbühel als Aktiver oder sind Sie heute als Renndirektor nervöser?
Hannes Trinkl: Definitiv bin ich heute nervöser. Wenn du als Läufer einen Scheiß baust, dann trägst du die Verantwortung dafür ganz allein. Jetzt sind mein Team und ich für über 70 Läufer verantwortlich –eine gewaltige Aufgabe. In Kitzbühel verspüre ich ohnehin den doppelten Druck, speziell vor dem ersten Training war die Anspannung gewaltig. Ich stehe die gesamte Woche unter Anspannung, will, dass jeder Läufer gesund ins Ziel kommt. Aber dieser Berg macht es dir nicht einfach.

Wie definieren Sie für sich ein erfolgreiches Rennwochenende?
Wenn alle gesund ins Ziel kommen. In der Abfahrt kann man Verletzungen leider nie ganz ausschließen, das bringt die Gefahr der Disziplin einfach mit sich. In zweiter Linie wünsche ich mir, dass die Jungs bei den Rennen Spaß haben. Wenn es den Athleten mit ihren Fahrten gut geht, dann geht es auch mir gut. Wir wissen, dass die Jungs springen, dass sie schwierige Abfahrten fahren wollen, das ist hier in Kitzbühel der Fall.

Die Vorjahres-Abfahrt hat drei Schwerverletzte gefordert. Wurden die richtigen Maßnahmen ergriffen?
Ob wirklich alles passt, würde man erst sehen, wenn die Sicht schlechter wäre. Ein bisschen das Tempo vor der Hausbergkante zu drosseln war definitiv wichtig, auch das dort angebrachte Flutlicht kommt bei den Athleten gut an. Leider haben wir immer noch 80 Leute am Start, das hilft uns nicht unbedingt, schon bei der Besichtigung werden durch das Rutschen Schläge produziert. Wir wollen diese Schläge auf der Strecke weitestgehend vermeiden, aber du kannst die Streif nicht komplett ruhig machen.

Ist die Temporeduktion gleichbedeutend mit weniger Spektakel? Der Zuschauer lechzt schließlich nach Geschwindigkeit und weiten Sprüngen.
Tempo rausnehmen heißt: Sobald es einmal wieder bergab geht, hast du 100 Meter später wieder dasselbe Tempo. Im konkreten Fall bedeutet das: Vor dem Hausberg geht es heuer etwas langsamer zu, in der Folge fahren die Läufer die Kompression aber mit höherer Geschwindigkeit. Sie kommen also schneller zum Zielsprung, weswegen dieser um zehn bis 15 Zentimeter im Vergleich zum Vorjahr abgetragen wurde. Das alles wirklich so funktioniert wie ich mir das vorstelle, traue ich mich erst am Samstag nach dem Rennen zu sagen. Es ist und bleibt ein schmaler Grat.

Wohin sollen sich die Speed-Bewerbe mittelfristig entwickeln?
Wir wollen die Geschwindigkeit über Wellen und weite, aber nicht zu hohe Sprünge kontrollieren. Natürlich brauchen wir auch anspruchsvolle Kurven, aber man muss aufpassen, dass die Kurvengeschwindigkeit nicht zu hoch wird. Es soll attraktiv bleiben, aber wir sind sicher nicht auf Streckenrekordjagd.

Speed-Spezialisten wie Kjetil Jansrud haben mit 14 Rennen gegenüber Technikern wie Marcel Hirscher (20 Rennen) einen großen Nachteil. Ist das nicht Wettbewerbsverzerrung?
Diese Thematik haben wir schon zu meiner aktiven Zeit behandelt. Ziel ist es definitiv, einen ausgewogenen Weltcupkalender zu schaffen, nur geht das nicht von heute auf morgen. Dafür bräuchte es auch einige Nachtevents unter der Woche, um dem Ungleichgewicht entgegenwirken zu können. Nur an den Wochenenden geht sich das nicht aus.

Ist eine Flutlicht-Abfahrt vorstellbar?
Saalbach wäre jederzeit dazu bereit. Vielleicht nicht von ganz oben, aber in einem Sprintformat mit einer Fahrzeit von etwa 1:30 Minuten. Wir würden dadurch auch etwas wetterunabhängiger werden, speziell die Sicht betreffend. Sprintabfahrten sind für die Zukunft generell ein Thema, um die Disziplin noch interessanter zu machen.

Sieht man vielleicht auch in Kitzbühel künftig eine Sprint-Abfahrt unter Flutlicht?
Hier macht es keinen Sinn. Die Streif hat die Tradition des Tagrennens, auch von ganz oben. Hier muss der ganze Berg bezwungen werden. Klassiker wie Kitzbühel, Wengen oder Gröden sollen unverändert bleiben.

Der Olympia-Abfahrt soll das Aus drohen. Wie lässt sie sich retten?
Das ist ein Gerücht, völliger Blödsinn. Ich weiß nicht, aus welcher Richtung das gekommen ist.

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