Der Glanz in Hirschers Kristallwelt

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Marcel Hirscher demonstriert mit dem Gewinn des Garmisch-RTL, dass ihm WM-Gold und sechstes Kristall nur schwer zu nehmen sind. Und: Anna Veith lacht.

Marcel Hirscher hat der Skiszene wieder einmal vor Augen geführt, dass er die Nummer 1 im Weltcup ist. Manch Konkurrenten mag diese Feststellung unhöflich erscheinen, doch der ÖSV-Star lieferte mit dem Gewinn des Riesentorlaufs von Garmisch-Partenkirchen eine Machtdemonstration ab. Er feierte seinen vierten Saisonsieg, den 43. insgesamt, mit einem Respektabstand von 1,50 Sekunden auf den Schweden Matts Olsson. Das sind Welten.

Der Annaberger ist in dieser Form unschlagbar; egal, ob die Piste nun steil, der Hang extrem oder die Spur eisglatt ist – Hirscher fährt überall so unbekümmert drüber, als wäre es eine gespurte Langlaufloipe. Er führt im Gesamtweltcup überlegen, 432 Punkte vor Henrik Kristoffersen, der Norweger ist auch der Einzige, der dem Österreicher im Slalom das Wasser reichen und die Disziplinenkugel (60 Punkte Rückstand) noch streitig machen kann. Hirscher ist auch im RTL-Weltcup voran, der Franzose Pinturault liegt 94 Punkte zurück.

Nur Hirscher in der Wertung!

Zahlen lügen nicht, legen unbelastet Leistungen offen, lassen keinerlei Zweifel offen: Hirscher ist weiterhin auf direktem Wege zur sechsten, großen Kristallkugel in Serie. Und, er ist Österreichs größter Medaillentipp für die am 6. Februar in St. Moritz anhebende Ski-WM. Dass auch Hannes Reichelt (beeindruckender Sieg in der Garmisch-Abfahrt) oder Matthias Mayer (Sieger im Kitzbühel Super-G) rechtzeitig Form und Fahrt aufnahmen, schließt weitere Medaillenfeiern nicht aus.

Dennoch, an diesem Umstand gibt es weiterhin kein Umhinkommen: Ohne Hirscher wirken Auftritt und Ausbeute der ÖSV-Mannschaft eher schwer ernüchternd, das beweist allein der Blick auf das aktuelle RTL-Ergebnis von Garmisch. Kein weiterer Österreicher schaffte es in die Wertung. Das ist sehr bitter.

Für den 27-jährigen ÖSV-Star spricht auch seine Routine. Wer wie er schon so oft die Kristall-Frage gehört hat, weiß damit umso besser im Saisonfinale umzugehen. Er verplappert sich nicht, er antwortet mit Siegen, wie nun, dem zweiten RTL-Erfolg nach Alta Badia im Dezember.

Trotzdem, in diesem Punkt kann auch keiner mehr Hirscher etwas vormachen, für die anstehende WM sind all diese Errungenschaften nicht weiter von Belang. Sie gäben Ruhe, Selbstvertrauen und Zuversicht nach dem anfänglichen Rätseln über Material, Setup und Schwung; mehr aber auch wieder nicht.

Veith wieder auf dem Podest

Auch im Damen-Team ist nach einer ungeheuren Verletzungsserie und haarsträubenden Erfolglosigkeit ein neuer Schwung zu sehen. Es muss an der Rückkehr von Anna Veith liegen, ihre Präsenz allein bescherte den ÖSV-Ladies mehr Aufmerksamkeit. Nun fuhr Veith in ihrem siebenten Rennen nach einjähriger Verletzungspause wieder auf das Podest, wurde Dritte im Super-G von Cortina d'Ampezzo. Dass die 27-jährige Halleinerin damit allen Problemen – Kraft, Kondition und Knie – davongefahren ist, glaubt sie selbst (noch) nicht.

Veith praktiziert weiterhin ihr Understatement, nimmt sich so selbst den Druck – und allen anderen aber die Erwartungshaltung. Wenn ihr das auch bei der WM gelingt, werden viele prompt von einem Märchen sprechen. Es mutet allerdings durchdacht, geschult, geplant an – sie ist eben auch eine Vollblutrennfahrerin.

In Cortina flossen am Sonntag aber auch Tränen aus einem ganz anderen Grund. Elisabeth Görgl, 35, kündigte ihr Karriereende an. Ob die Doppelweltmeisterin von 2011 bei der WM in St. Moritz am Start stehen wird?


SKI-ZAHLEN

Herren, RTL in Garmisch-Partenkirchen:
1.
Marcel Hirscher (AUT) 2:39,95 (1:19,85/1:20,10)
2. Matts Olsson (SWE) +1,50 Sek.
3. Stefan Luitz (GER) +1,95 Sek.
4. Pinturault (FRA) 2,05 5. Faivre (FRA) 2,41 6. Neureuther (GER) 2,45 7. Kristoffersen (NOR) 2,57 8. Eisath (I), Murisier (SUI) 2,59 10. Aliprandini (I) 2,85.

Gesamtweltcup: 1. Hirscher (AUT) 1260 2. Kristoffersen 828 3. Pinturault 763.

RTL: 1. Hirscher 533 2. Pinturault 439 3. Faivre 360.

Damen, Super-G in Cortina d'Ampezzo:
1.
Ilka Stuhec (SLO) 1:19,81 Min.
2. Sofia Goggia (ITA) +0,31 Sek.
3. Anna Veith (AUT) +0,70 Sek.
4. Shiffrin (USA) 0,73 5. Rebensburg (GER) 0,81 6. Venier (AUT) 0,90 7. Weirather (LIE) 0,98 8. Curtoni (ITA) 1,18; 13. Puchner 1,49 14. Schmidhofer 1,51 15. Haaser 1,54 19. Tippler 1,74.

Gesamtweltcup: 1. Shiffrin 1103 2. Gut 1023 3. Goggia 789; 16. Venier 287.

Super-G: 1. Gut (SUI) 300 2. Weirather (LIE) 256 3. Stuhec (SLO) 190 4. Venier (AUT) 165.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2017)

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