Die goldene Spur im Eiskanal weist den Weg zum Volksfest

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Wolfgang Kindl gewann bei der Heim-WM in Innsbruck-Igls sensationell den Titel - den ersten im Einsitzer für Österreich seit über 20 Jahren. Hinter dem 28-Jährigen aus Natters liegen harte Jahre des Selbstzweifels, nun steuert er als Weltmeister dem Olympia-Highlight in Korea entgegen.

Igls. Die Rodel-WM in Igls wurde am Sonntag zum Volksfest, die Bühne gehörte Wolfgang Kindl. Vor Heimpublikum raste der Athlet aus dem rund 10 Kilometer entfernten Natters vor dem Russen Roman Repilow und dem Italiener Dominik Fischnaller zu Gold, dem ersten im Einsitzer für Österreich seit Markus Prock 1996.

Die Rodel-Legende jubelte dreißig Jahre nach seinem eigenen Triumph bei der Heim-WM 1987 nun als Sportdirektor mit. „Doppelweltmeister klingt noch besser als Weltmeister. Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagte Kindl, der sich schon im Sprint vergoldet hatte. Die Feier aber musste erst einmal warten, wenig später stand der 28-Jährige erneut am Start. Im Teambewerb belegte er mit Peter Penz/Georg Fischler und Birgit Platzer Rang fünf.

Im Einzel hatte Kindl auf der Olympiabahn von 1976 im ersten Durchgang mit neuer Rekordzeit vorgelegt und ging somit als Letzter in das Finale. „Ich habe versucht cool zu bleiben, aber das Herz ist schon ordentlich gegangen“, gestand er nach der Siegesfahrt gerührt im Zielraum. Diese war bei schönstem Winterwetter gesteckt voll von Menschen, und jedes Mal, wenn eine Zwischenzeit des Lokalmatadors auf der Videowall grün aufleuchtete, brandete tosender Jubel und Applaus auf. „Die Stimmung bekommt man natürlich mit, im Auslauf habe ich das voll ausgekostet, ich wollte gar nicht mehr stehenbleiben“, erzählte Kindl. Von den Teamkollegen wurde er schließlich auf Schultern zurückgetragen, nach der ersten Gratulation von Freundin Elena folgte das Bad in der Menge. Glückwünsche und Umarmungen prasselten auf den neuen Weltmeister ein, der geduldig Foto- und Autogrammwünsche der Fans erfüllte – in der Rodelfamilie sind die Helden eben nahbar, sogar zum Angreifen.

Die Skeptiker Lügen gestraft

„Es ist ein Traum hier zu rodeln und dann auch noch zu gewinnen“, betonte Kindl, der auch die andere Seite des Sports kennengelernt hat. Nur wenige haben ihm die große Karriere zugetraut, denn mit nur 1,66 Meter Körpergröße ist er einer der kleinsten Athleten. Die fehlende Hebelwirkung kommt vor allem am Start zum Tragen. Als sich die Resultate nicht einstellen wollten und das Geld knapp war, stellte er sich nicht nur einmal die Sinnfrage, dachte über das Karriereende nach. „Da waren harte Jahre dabei, aber ich habe gearbeitet und gekämpft und diejenigen Lügen gestraft, die nicht daran geglaubt haben“, erklärte Kindl, der seinen körperlichen Nachteil mit Athletik und Ehrgeiz kompensiert.

Inzwischen erntet er längst den Lohn für seine Mühen: 2014 feierte er in Lillehammer seinen ersten von bislang zwei Weltcupsiegen, die vergangenen beiden Saisonen wurde er in der Gesamtwertung Dritter und Zweiter. Bei den Weltmeisterschaften 2015 und 2016 gewann er jeweils Bronze.

In Igls hat Kindl nun als vierter Österreicher nach Prock (1987, 1996), Josef Feistmantl (1969) und Herbert Thaler (1959) den Thron erklommen, als Weltmeister ist er selbstredend auch erster Anwärter auf das Olympiapodest im kommenden Jahr. Die Generalprobe im Weltcup in Pyeongchang steigt bereits in drei Wochen. „Die Stimmung und Momente muss er aufsaugen und mitnehmen zu Olympia“, rät Andreas Linger, der mit Bruder Wolfgang im Doppelsitzer 2006 in Turin und 2010 in Vancouver zu Olympiagold gefahren ist.

Noch aber ist das Highlight in Korea Zukunft. In der Gegenwart gilt es, schleunigst erst einmal den WM-Triumph zu feiern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2017)

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