Ahonen: "Ich fürchte mich vor gar nichts"

(c) AP (Mikko Stig)
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Janne Ahonen feiert beim Weltcupauftakt in Kuusamo sein Comeback. Im Exklusivinterview spricht er über Diätwahn, Alkoholeskapaden und Olympiagold.

Seine Skispringerpension hat nur einen Winter gedauert. Nachdem der Finne Janne Ahonen am 26. März 2008 das Ende seiner aktiven Laufbahn bekannt gab, kehrt er am Wochenende im finnischen Kuusamo in den Weltcup zurück.

„Die Presse“: Verlernt man das Skispringen nicht, wenn man ein Jahr lang nur zuschaut?

Janne Ahonen: Nein, das verlernst du nicht, das ist wie Radfahren. Auch hat sich der Sport ja nicht verändert. Ich kann es noch, davon bin ich überzeugt. Außerdem habe ich bei den finnischen Meisterschaften im September in Lahti auf Anhieb gewonnen. Das war für mich die letzte Bestätigung.

Angst vor dem Versagen oder davor, dass Sie Ihr Image als Überflieger mit 36 Weltcupsiegen und fünf Tourneesiegen ankratzen, haben Sie bei Ihrem Comeback also nicht?

Ahonen: So ist es. Ich fürchte mich vor gar nichts. Angst habe ich keine. Um aber ehrlich zu sein: In den letzten Tagen verspürte ich wieder dieses Kribbeln. Nervosität ist es nicht, es ist eine angenehme Form der Anspannung. Ich habe für mein Comeback seit April hart gearbeitet. Ich bin fit, ich bin bereit.

Was war das auslösende Moment, das Sie zur Rückkehr bewogen hat? Doch nicht etwa Geld?

Ahonen: Nein, Geld war es sicher nicht. Ich habe mein Leben ohne Sport wirklich genossen. Aber im Februar bei der WM im tschechischen Liberec merkte ich, dass ich doch noch weiterspringen will. Ich habe die anderen gesehen und habe mir gedacht, dass ich das doch auch noch kann, sogar besser. Meine Familie hat es verstanden, sie hält zu mir. Mir geht es um den Sieg.

Das lockerere Alltagsleben war damit aber sofort vorbei, oder? Wie haben Sie sich wieder in Form gebracht?

Ahonen: Ja, stimmt, leider. Ich habe ein Jahr lang gar nichts gemacht, nichts. Ich war mit meinen Kindern fischen, habe oft mit Freunden Bier getrunken und habe es mir gut gehen lassen. Jetzt trainiere ich wieder zweimal täglich, halte dabei auch strikt meine bewährte Diät ein. Morgens und abends Müsli und fettarmes Joghurt, dazu viel Kaffee, sonst nichts.

Ist das nicht ungesund?

Ahonen: Mir hilft es jedenfalls, mein Gewicht in Griff zu kriegen.

Offensichtlich mit Erfolg. Trainer Tommi Nikunen hat mir Ihre aktuellen Körperdaten verraten: Sechs Prozent Fettgehalt bei 66 Kilogramm und einer Größe von 1,84 Metern.

Ahonen: Ich bin sehr zufrieden. Aber wie gesagt, ich will nichts dem Zufall überlassen und topfit zurückkehren. Das ist ja kein Scherz, ich will gewinnen.

Ob das so einfach geht gegen Schlierenzauer, Loitzl, Olli etc.?

Ahonen: Das kann ich natürlich jetzt noch nicht sagen. Schlierenzauer ist für mich jedenfalls der Beste, er hat sehr viel Gefühl für seine Sprünge. Es ist für mich eine neue Herausforderung, und der stelle ich mich.

Finnen suchen mitunter auch abseits der Schanzen Herausforderungen. In Ihrer Autobiografie „Königsadler“ verraten Sie, dass Sie am Vorabend des Skifliegens in Planica 2005 mit Risto Jussilainen gleich 24 Dosen Bier getrunken haben?

Ahonen (lacht!):Ja, aber wie viele Dosen wir ganz ausgetrunken haben, weiß ich nicht mehr.

Am Tag darauf sind Sie nach 240 Metern doch schwer gestürzt. Im Vollrausch? Wollten Sie wegen des drohenden Alkotests nicht ins Spital – trotz Rippenbruchs?

Ahonen: Vielleicht?

Was passiert, wenn Sie diese Saison heil überstehen? Hören Sie auf oder fahren Sie dann vielleicht in der Rallye-WM gegen den Ex-Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen?

Ahonen: Das weiß ich noch nicht. Ich entscheide alles erst nach den Olympischen Winterspielen in Vancouver. Das bleibt mein großes Ziel, weil mir die Einzel-Goldmedaille noch fehlt. Die Rallye-WM klingt zwar interessant, doch da lasse ich Kimi lieber den Vortritt. Wenn Zeit bleibt, fahre ich lieber meine Dragster-Rennen. Da kenne ich mich aus.

AUF EINEN BLICK

Janne Ahonen (geb. 11. Mai 1977 in Lahti) holte bis zum März 2008 zwei olympische Silbermedaillen, fünf WM-Goldmedaillen und weitere zwölf Medaillen bei Skisprung- bzw. Skiflug-Weltmeisterschaften. Zudem gewann er 36 Weltcupspringen, zweimal den Gesamtweltcup und fünfmal die Vierschanzentournee. Am Wochenende beginnt in Kuusamo seine zweite Skisprungkarriere.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2009)

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