Der Dreifachsieg von Oberstdorf imponierte Cheftrainer Alexander Pointner ungemein, damit stieg auch die Chance auf den vierten Triumph in Serie bei der Vierschanzentournee.
Es ist ein gewohntes Bild, das sich dem Sieger des Auftaktbewerbes bei der Vierschanzentournee bietet. Nach der Siegerehrung wartet der mühsame Abstieg ins Oberstdorf-Haus. Es ist stets ein dichtes Gedränge, Fotowünsche und Autogramme sorgen für Aufenthalte, und dabei verliert so mancher PR-Betreuer schon einmal die Nerven. Für Gregor Schlierenzauer aber, der im Allgäu seinen sechsten Tagessieg im Rahmen der Tournee feiern konnte und damit Andreas Goldberger als ÖSV-Rekordhalter ablöste, ist es eine willkommene Ablenkung. Der 21-jährige Tiroler genießt das Rampenlicht. Er sagt: „Ich bin unheimlich stolz auf meine Leistung. Das gibt mir enorm Selbstvertrauen.“
Mit dem überlegenen Dreifachsieg, den Schlierenzauer vor Andreas Kofler und Thomas Morgenstern anführte, ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich zum vierten Mal in Serie den Schanzenklassiker gewinnen kann, enorm gestiegen. Cheftrainer Alexander Pointner hält jedoch an seiner Sichtweise fest. „Als Österreicher können wir uns natürlich den Tourneesieg erhoffen. Wir wollen ihn, erwarten ihn aber nicht.“ Es klang leicht dahingesagt, so wie es Sieger gerne tun, doch Pointner meinte es ernst. Denn er wolle alles, „nur nicht überheblich“ klingen. Tiefstapeln habe aber angesichts der Vormachtstellung der Seinen auch keinen Sinn. „Das wäre ein Firlefanz. Wir haben jetzt einfach eine sehr gute Ausgangslage, und wir werden alles daransetzen, unseren Höhenflug auch beim Neujahrsspringen fortzusetzen.“
Überheblichkeit ist auch ein Fremdwort geworden im Adlerteam. Pointner legte besonderen Wert darauf, dass das Gemeinsame betont werde, und sprach Schlierenzauer sein Lob aus. „Früher hätte er alle seinen Vorsprung spüren lassen, jetzt zieht er sein Zeug durch, mit all dem nötigen Respekt seinen Kollegen gegenüber.“ Diese „unheimliche“ Weiterentwicklung stimme ihn auch zuversichtlich, dass der Stubaier seinen Weg konstant weiterverfolgen werde. Bis zum Tourneesieg? Pointner schwieg.
Schlierenzauer wirkte nach zwei „tollen Sprüngen“ regelrecht erleichtert. Es stimme alles in seinem System, sagte er, dafür habe er sehr viel getan. „Denn ich weiß, dass mir nichts geschenkt wird. Das beweist mir der 18-Punkte-Vorsprung.“ Schlierenzauer lässt seine Konkurrenz also schon noch wissen, dass er der Bessere ist. Das will er auch beim Neujahrsspringen zeigen. Diese nächste große Flugshow startet bereits heute in Garmisch-Partenkirchen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.01.2012)