WM in Vail: Österreichs rosarote Skibrille

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SCHRÖCKSNADEL(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Rot-weiß-rote Skierfolge sind längst kein Selbstläufer mehr, das haben die letzten Rennen vor der WM in Kitzbühel und Schladming gezeigt. Die Medaillen hängen jedenfalls hoch.

Die großen Skifeste in Kitzbühel und Schladming müssen als Erfolge gefeiert werden. Als organisatorische Erfolge. Siege gab es für die österreichischen Skihelden auf dem Hahnenkamm und auf der Planai keine zu bejubeln. Aber Sorgen müssen wir uns vor den Weltmeisterschaften in Vail/Beaver Creek natürlich keine machen. Waren alles nur Momentaufnahmen. Am rot-weiß-roten Powerteam, so beteuern die verantwortlichen Trainer, gibt es nichts zu rütteln. Und der Präsident, Peter Schröcksnadel, verweist in diesem Zusammenhang gern auf den Nationencup. Da liegt Österreich nämlich meilenweit in Führung.

Der so beliebte Nightrace in Schladming hat mit einem ziemlichen Tiefpunkt geendet. Marcel Hirscher, krankheitsbedingt körperlich nicht ganz auf der Höhe und auf der Piste dann ungewohnt fehleranfällig, landete als bester Österreicher auf Rang 14. Damit war das schlechteste Resultat für den ÖSV in dieser Disziplin seit 1979, als Anton „Jimmy“ Steiner in Crans Montana ebenfalls 14. wurde, perfekt.

Der Torlauf ist längst zu einem der Sorgenkinder geworden. Die Erfolge von Marcel Hirscher in den vergangenen Jahren haben vieles übertüncht, landet der Salzburger Ausnahmekönner einmal nicht auf dem Podest, dann schrumpft Rot-Weiß-Rot schnell zu einer mittelmäßigen Slalomtruppe.

(c) Die Presse

Touristische Züge

Zur alpinen Weltmeisterschaft (Eröffnung in der Nacht von Montag auf Dienstag) wird der ÖSV ein 25-köpfiges Aufgebot entsenden. Mit dabei sind zehn Damen und 15 Herren. Das ist nicht sonderlich verwunderlich, wobei vor allem bei den Herren Athleten nominiert wurden, die in besseren Jahren in keinem WM-Team Platz gefunden hätten. Siegfahrer sind dabei, ebenso Podestanwärter. Aber auch ÖSV-Athleten, die sicher nicht einmal zum erweiterten Medaillenkandidatenkreis zählen.

Bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London war schnell von Olympia-Touristen die Rede. Ungerecht gegenüber jenen, die persönliche Bestzeiten und Dergleichen errungen haben, und ein unzulässiges Pauschalurteil. Ebenso wenig ist es zutreffend, jetzt von WM-Touristen in Vail/Beaver Creek zu sprechen.

Die Krise im Slalom verdeutlicht die gestrige Nominierung. Dank Marcel Hirscher dürfen in diesem Bewerb fünf Mann an den Start gehen: der Weltmeister selbst, Mario Matt, der zweimalige Weltmeister und Olympia-Sieger, der alternde Reinfried Herbst, Benny Raich, der auch schon bessere Zeiten gesehen hat – und ein Joungster. Die Entscheidung wird zwischen Michael Matt, dem jüngeren Bruder von Mario, und Marco Schwarz fallen. Ausschlaggebend sind die kommenden Trainingsleistungen und das Abschneiden in den Europacuprennen.

Der ÖSV-Sportdirektor sieht alles immer positiv. Über Problemzonen spricht Hans Pum nicht nur ungern, sondern eigentlich nie. „Wir haben eine Mannschaft mit ein paar Topstars und einigen, die gut sind für Medaillen.“ Auch Peter Schröcksnadel ist ganz auf Erfolge eingestellt. „Wenn wir bei den Rennen unmittelbar vor einer WM nichts gewonnen haben, dann sind das für uns oft gute Titelkämpfe geworden.“ Die rosarote Brille hat man beim ÖSV immer dabei. So stark kann es da gar nicht schneien. Wie etwa in Schladming.

Wenn ein Russe in Österreich gewinnt, dann kann man dem natürlich auch etwas Positives abgewinnen. Hans Pum, der Sportdirektor, meinte etwa zum Premierensieg von Alexander Choroschilow: „Das freut mich irrsinnig für ihn, weil er in letzter Zeit sehr gut gefahren ist. So beständig, so sicher und ganz locker. Nebenbei ist es auch touristisch gesehen für Österreich gut, eine Bombenwerbung.“ Vor allem für Sölden (Kopfsponsor). Im Ötztal sehnt man sich nach skifahrenden Russen, bei den Skischulen wirbt man auch in russischer Sprache. Schladming war also gut für den Tourismus, für die Österreicher war der Nachtslalom gut, weil sie vielleicht wieder die Demut entdecken. Schladming war für den Familienvater Alexander Choroschilow Goldes wert, für die Deutschen war's eine gewaltige Moralinjektion. Felix Neureuther und Fritz Dopfer hat man schon lang auf der Liste, jetzt kommt das Toptalent Linus Strasser auch noch dazu. Dank Kitzbüheler Ski-Club. Österreich könnte neidisch werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2015)

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