Teambewerb: Das österreichische Liebkind

ALPINE SKIING - FIS Ski WC Vail/ Beaver Creek 2015
ALPINE SKIING - FIS Ski WC Vail/ Beaver Creek 2015(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Andreas Pranter)
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Perfektes Teamwork und ein Marcel Hirscher: Manche diskutieren über den sportlichen Stellenwert des Mannschaftsbewerbs – die Österreicher nehmen ihn neuerdings ernst.

Beaver Creek/Wien. Österreichs WM-Mannschaft hat bei den Titelkämpfen schon viel gewonnen. Mehr als man eigentlich erwarten durfte. Nach dem Teambewerb hält Rot-Weiß-Rot bei vier Goldmedaillen, dazu kommen zwei in Silber gehalten und einmal Bronze. Vier Bewerbe stehen noch auf dem Programm, mit den Riesentorläufen und den Slaloms werden Weltmeisterschaften traditionell beendet. Vor zwei Jahren avancierte Marcel Hirscher am Schlusstag zum Helden, weil er sich zum Slalomweltmeister kürte. Beweis seiner Extraklasse und Beweis dafür, dass im 25-jährigen Salzburger auch eine riesiges Bündel an Nervenstärke steckt.

Marcel Hirscher ist in den vergangenen Jahren gereift. Er hat dreimal in Serie den Gesamtweltcup gewonnen, viele Höhen, aber doch auch schon Tiefs erlebt. Überwunden hat er die Rückschläge alle. Und ein Rückschlag bedeutet für ihn schon eine Platzierung außerhalb der Top Ten. Für Niederlagen ist der Salzburger nicht gemacht. „Es sei denn, ich war in der Lage, mein Bestes zu geben. Ich habe kein Problem, es zu akzeptieren, wenn mich einer sportlich schlägt. In unserem Sport darfst du dich nie ausruhen, da geht alles Schlag auf Schlag. Und es gibt wirklich eine Menge unglaublich guter Skifahrer.“

Die Österreicher haben in den Teambewerb in den vergangenen Monaten relativ viel investiert. Seit Schladming 2013 hat er innerhalb des Verbandes (ÖSV) einen neuen Stellenwert. Bei der Heim-WM brauchte man einen Erfolg wie einen Bissen Brot, weil der Auftakt in den Speed-Disziplinen in die Hose gegangen war. Die Medien forderten Gold – das ist es dann auch geworden. Auch für Vail/Beaver Creek hat man sich das Finale vorgenommen. Und für diese Disziplin, die es im Weltcup eigentlich gar nicht gibt (Ausnahme Weltcupfinale), sogar Extraschichten eingelegt. Die Startmaschinen waren bei mehreren Trainingskursen mit dabei. das hat sich gelohnt. Obendrein hat man beim Training auch auf die auffallend kurzen Torabstände geachtet.

„Es ist uns alles aufgegangen“, sagt Sportdirektor Hans Pum, immer gut gelauntes Urgestein im ÖSV. „Seit 25 Jahren gewinnen wir jetzt den Nationencup – da will man natürlich auch Gold im Teambewerb. Das bestätigt, dass wir breit aufgestellt sind.“

Der ÖSV schickte die richtigen Damen und Herren ins Rennen. „Wenn du dieses Rennen gewinnen willst, dann musst du dich auch dementsprechend vorbereiten“, sagt Herrentrainer Andreas Puelacher. „So ein Rennen kannst du nicht einfach nur so nebenbei machen.“ Geht es nach dem IOC-Präsidenten, so könnte der Teambewerb bereits 2018 ins Olympia-Programm aufgenommen werden. Davor aber sollte man sich zuerst auf eine vernünftige Form der Kombination einigen. Der Teambewerb ist eine reine WM-Erscheinung, die Kombi ist vom Aussterben bedroht.

„Fürs Team, fürs ganze Land“

Über den sportlichen Stellenwert des Teambewerbs gibt es immer wieder Diskussionen. In Österreich nicht, seitdem man als Mannschaft Gold schürft. „Warum soll es im Biathlon oder im Skispringen einen Teambewerb geben – und bei uns nicht?“, sagt Eva-Maria Brem, die gleich bei ihrem WM-Debüt vergoldet wurde. Der Vergleich ist freilich nicht zulässig, in anderen Sportarten sind Mannschaftsbewerbe viel öfter üblich. Und nicht nur alle heiligen Zeiten. Michaela Kirchgasser ist eine große Anhängerin des Teamevents. Die Salzburgerin gewann nach 2007 und 2013 bereits zum dritten Mal Gold. „Das war eine richtig enge Kiste, die wir dank perfekten Teamworks gewonnen haben.“ Das Spezielle: „Es ist das Gefühl, dass du nicht nur für dich, sondern fürs Team und fürs ganze Land fährst.“ Christoph Nösig ergänzte: „Das war kein Larifarirennen!“

Souverän die Leistung bei dieser WM bisher von Marcel Hirscher. Er beherrschte auch im Teambewerb alle seine Gegner. Er strotzt zwar vor Selbstvertrauen, merkt aber an: „Ich fahre deshalb im Riesentorlauf und im Slalom um keine Hundertstel schneller. Es gibt jede Menge Jungs, die das Gleiche wollen wie ich. Man sollte die Erwartungshaltung schon ein bisschen reduzieren!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2015)

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