Mikaela Shiffrin: Nur noch in Superlative zu fassen

Längst ein Fotoklassiker bei Weltmeisterschaften: Mikaela Shiffrin, ihr Siegerlächeln und Stars and Stripes.
Längst ein Fotoklassiker bei Weltmeisterschaften: Mikaela Shiffrin, ihr Siegerlächeln und Stars and Stripes.APA/AFP/JONATHAN NACKSTRAND
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US-Star Mikaela Shiffrin verteidigte im WM-Slalom ihren Titel, als Erste gewann sie viermal in Folge. Die ÖSV-Damen blieben ohne Medaille.

Der WM-Slalom in Åre hat die erwartete Siegerin gebracht. Mikaela Shiffrin sicherte sich zum vierten Mal in Folge Gold und untermauerte damit die Regentschaft in ihrer Lieblingsdisziplin. Bei der WM 2013 in Schladming bestieg sie 17-jährig den Thron – nur die Liechtensteinerin Hanni Wenzel 1974 und die Britin Esmé MacKinnon im Jahr 1931 waren noch jüngere Weltmeisterinnen – und verteidigte ihn nun als erste Läuferin der WM-Geschichte zum dritten Mal erfolgreich. Mit dem vierten Titelgewinn stellte sie zudem den Rekord von Christl Cranz aus den 1930er-Jahren ein, die Deutsche ist auch die Einzige, die in einer WM-Disziplin noch öfter als Shiffrin gewonnen hat: sechsmal in der Kombination.

RTL-Weltmeisterin Petra Vlhová, im Weltcup Shiffrins schärfste Slalom-Rivalin, musste sich mit Rang drei (+1,03 Sek.) hinter Anna Swenn-Larssen (+0,58) begnügen. Die Schwedin jubelte im Ziel ausgelassen mit dem Publikum über die erste Medaille bei dieser WM für die Gastgeber.

Shiffrin bleibt die Luft weg. „Ich habe im zweiten Lauf wirklich angegriffen, ich wusste, dass es ein Kampf wird“, sagte Shiffrin mit Tränen in den Augen. 15 Hundertstel Rückstand als Halbzeitdritte auf Wendy Holdener – die Schweizerin vergab später alle Chancen mit einem schweren Fehler – verwandelte Shiffrin im zweiten Durchgang in fast sechs Zehntel Vorsprung – weit weg von ihrem Rekordvorsprung (3,07 Sekunden) und doch eine kleine Welt bei einer WM. Danach brach sie im Ziel zusammen. „Die Challenge war, atmen zu können. Ich habe es noch nie erlebt, dass ich keine Luft bekommen habe“, sagte Shiffrin, die schwerer Husten plagte.

Ein wenig war es wohl auch dem Abfallen des enormen Drucks, der auf Shiffrin gelastet hatte, geschuldet. Die US-Amerikanerin war noch vor dem ersten Rennen zum Superstar dieser Titelkämpfe hochstilisiert worden, von fünf Chancen auf Gold war die Rede. Die 23-Jährige startete mit dem Super-G-Sieg optimal, verzichtete jedoch auf Abfahrt und Kombination – und stand plötzlich in der Kritik. Mit Lindsey Vonn und Bode Miller zeigten zwei US-Skigrößen wenig Verständnis für die Entscheidung, „nur“ RTL-Bronze ließ dann Fragen nach Nervenkostüm und Konzentration aufkommen. Im Slalom aber gab Shiffrin die Antwort und untermauerte ihre Vormachtstellung der letzten Jahre zwischen den Stangen. Allein in diesem Winter hat sie fünf der sechs Saisonbewerbe gewonnen, mit insgesamt 38 Erfolgen hält sie auch den Disziplinenrekord.

Mit zweimal Gold und Bronze umfasst die Sammlung des US-Stars nun schon sieben WM-Medaillen, fünf davon in Gold, was im ewigen Medaillenspiegel Rang sechs unmittelbar hinter Österreichs Jahrhundertsportlerin Annemarie Moser-Pröll bedeutet. Dabei darf man nicht vergessen, dass Shiffrin am 13. März erst ihren 24. Geburtstag feiert. In Anbetracht dessen scheint – Verletzungsfreiheit und Motivation vorausgesetzt – nicht einmal die Bestmarke von Cranz von zwölfmal Gold außer Reichweite. „Rekorde sind da, um gebrochen zu werden“, sagte Shiffrin einmal. „Aber irgendjemand wird kommen, der meine Bestmarken bricht. Und ich hoffe, meine Rekorde sind nicht für die Ewigkeit.“ Ihren Platz in den Annalen der Skigeschichte hat die neue, alte Slalom-Weltmeisterin jedoch bereits sicher.

Schon wieder Blech. Den ÖSV-Damen blieb zum dritten Mal bei dieser WM nur Blech, im Gegensatz zu Stephanie Venier (Abfahrt) und Ramona Siebenhofer (Kombination) fehlten Katharina Liensberger diesmal nicht vier Hundertstel, sondern vier Zehntel auf die erste rot-weiß-rote WM-Medaille im Slalom seit Michaela Kirchgasser 2013. Trost war das freilich keiner. „Der vierte Platz ist sehr undankbar. Ich hoffe, das passiert mir nur einmal in meiner Karriere“, meinte die Vorarlbergerin. Hinter Liensberger sorgten Katharina Huber (7.), Katharina Truppe (8.) und Bernadette Schild (9.) für ein achtbares Teamergebnis zum Abschluss.

Obgleich das erhoffte Edelmetall mit Sicherheit in den Speeddisziplinen verschenkt worden ist, scheint am Ende in der Bilanz erstmals seit der WM 1982 in Schladming keine Medaille der ÖSV-Damen auf. Heute (11/14.30 Uhr, live, ORF eins) liegt es somit an Marcel Hirscher und seinen Slalom-Kollegen Manuel Feller, Marco Schwarz, Michael Matt und Christian Hirschbühl, die erste Gold-Nullnummer für Österreich seit 32 Jahren noch abzuwenden. „Das kann auch passieren, da geht die Welt auch nicht unter“, beruhigte ÖSV-Sportdirektor Hans Pum. „Im Endeffekt sieht man, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man so viel gewinnt, weil alle da Gas geben und um Medaillen fahren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2019)

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