Nordische WM: Das Spiegelbild von Wunsch und Wirklichkeit

SWEDEN NORDIC SKIING WORLD CHAMPIONSHIPS 2015
SWEDEN NORDIC SKIING WORLD CHAMPIONSHIPS 2015(c) APA/EPA/BARBARA GINDL
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Gregor Schlierenzauer will in Falun bereits von der Normalschanze durchstarten, der Skispringer wähnt das hartnäckige Tief hinter sich. Die ÖSV-Kombinierer hingegen stolperten bereits zum Auftakt – und enttäuschten schwer.

Falun/Wien. Es ist ein ungewohntes Bild, das sich um diese Jahreszeit in Schweden präsentiert. Wenig Schnee, starker Sonnenschein, angenehme Temperaturen – umso deutlicher stechen dafür aus dem Ambiente rund um die nordische WM in Falun die für Skandinavien so typischen Holzhäuser heraus. Das berühmte Falunrot, die Dispersionsfarbe ist auch eines der Markenzeichen der WM-Stadt, inspiriert WM-Sportler wie Gregor Schlierenzauer.

Der Skispringer und Hobbyfotograf residiert in einem tiefrot gefärbten Holzhäuschen am Runn-See nahe Falun. Er wirkte daher vor dem Bewerb auf der Normalschanze (heute, 17 Uhr) höchst entspannt. Der Medaillengewinner von 2009 und 2013 (jeweils Silber Normalschanze) und Weltmeister von 2011 sagt: „Fast schon kitschig, uns geht es sehr gut. Es ist ein unglaubliches Ambiente, wenn man in der Früh rausschaut.“

Stil und Technik statt Weite

Es sind Momente der Einhalt, des Nachdenkens, die Schlierenzauer für sich selbst auch gesucht hat. Denn die Zeiten, in denen der Stubaier Siege nach Belieben feierte, sind längst vorbei. Der Glanz des Rekordweltcupsiegers mit 53 Erfolgen hat an Strahlkraft verloren, der 25-Jährige rätselte lang über Form, Ursache und Folgen. Ein Sieg steht in dieser Saison dennoch zu Buche, und auch der Begriff des Aufgebens ist ihm fremd. „Ich bin konkurrenzfähig“, sagt der sechsmalige Weltmeister (einmal im Einzel, 2011) fast trotzig. Dennoch, das Ringen nach Perfektion, die Suche nach der richtigen Position, Ablauf, Material und Absprung sind nicht vorbei. Schlierenzauer sucht weiterhin seine Balance.

Der Tiroler legte mit Cheftrainer Heinz Kuttin Sonderschichten ein. Er wird heute neben Thomas Diethart, Michael Hayböck und Stefan Kraft von der Normalschanze abheben. Dass der kleinere Bakken aus dem Weltcup verschwunden ist und nur noch bei Großereignissen Anklang findet, irritiert; Schlierenzauer jedoch ist nicht nur Liebhaber großer Weiten. Technik, Haltung und Stil kämen zur Geltung, es sei stets eine hauchdünne Entscheidung. Mit siebenten Plätzen aber könne der Ehrgeizling nichts anfangen, das sei auch sein womöglich größtes Manko. Die Unzufriedenheit, das ausbleibende Aha-Erlebnis im Zusammenspiel mit der Erinnerung des Erreichten; für Schlierenzauer ist es ein Widerspruch. „Wir reden doch im Spitzensport vom Gewinnen, oder?“, fragte der Tiroler, bei einem Großereignis gehe es um Edelmetall. Alles andere sei „heiße Luft“ und wahrlich nicht sein Terrain – und von Turbulenzen habe er genug.

Mit Problemen hatte auch Michael Hayböck zu kämpfen. Nach der Tournee, der Oberösterreicher wurde Zweiter, sei ihm „das Gas ausgegangen“, sagte er und sprach damit wohl für das komplette ÖSV-Team. Denn andere gaben den Ton an, Kamil Stoch (POL), Severin Freund (GER), Anders Fannemel (NOR) oder Peter Prevc (SLO) feierten Tagessiege. Auch ist nun keiner der ÖSV-Adler als Favorit bei dieser WM zu sehen, sagt Hayböck. Das Skispringen aber habe „ich sicher nicht verlernt. Ich fühle mich wieder frisch“, die Dauerbelastung sei vorbei. Ob das allein jedoch genügt, um eine Medaille zu gewinnen, ist höchst fraglich.

Mit einer Enttäuschung endete bereits das erste WM-Rennen (Normalschanze) der Kombinierer. Während Johannes Rydzek (GER) vor Alessandro Pittin (ITA, +1,3 Sek.) zu Gold lief, blieben Gruber (10., +59,5 Sek.), Ortner (14.), Klapfer (15.) und Denifl (28.) weit hinter den Erwartungen zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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