Nordische WM: Der Faluner Fenstersturz

Velta of Norway soars past judges windows during the normal hill HS100 mixed team ski jumping event of the Nordic World Ski Championships in Falun
Velta of Norway soars past judges windows during the normal hill HS100 mixed team ski jumping event of the Nordic World Ski Championships in Falun(c) REUTERS (KAI PFAFFENBACH)
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ÖSV-Skispringer und -Kombinierer enttäuschen bislang beim Saisonhöhepunkt, die Trainer Kuttin und Eugen betreiben Ursachenforschung. Hoffnung ruht auf der Großschanze.

Falun/Wien. Die Sinnhaftigkeit eines Skisprung-Mixed-Bewerbs im Rahmen einer nordischen WM sei dahingestellt; aber auch Diskussionen über den sportlichen Wert oder einen Status als reines Showprogramm sind entbehrlich. An der sportlichen Leistung der ÖSV-Springer gibt es in diesem Fall allerdings kein Umhinkommen: Sie waren einfach schlecht.

Während sich Deutschland vor Norwegen und Japan in Szene setzte, sprangen Daniela Iraschko-Stolz, Michael Hayböck, Jacqueline Seifriedsberger und Stefan Kraft nur hinterher. Es fehlten Biss, Können und Gefühl. Schlechte Windverhältnisse, ungeliebte Anlauflänge oder Jurypunkte sind als Antworten weder dienlich noch ausreichend. Einem Einzelnen die Schuld aufzuerlegen, wäre aber zu billig. Es trifft das ganze Team, die Trainer – aber 18,8 Punkte Rückstand auf Japan und Platz drei sprechen ohnehin Bände.

Damit fällt die bisherige Medaillenausbeute bei dieser WM auch eher bescheiden aus. Nach elf Bewerben hat Österreich erst zwei Bronzene gewonnen, denn auch die Kombinierer sind von einstigen Erfolgen viel zu weit entfernt.

Rhythmus am Kulm verloren

Hayböck vermochte seine Enttäuschung nicht zu verbergen. Er wusste, dass seine Sprünge die schlechtesten des ÖSV-Quartetts waren. Ihm fehlte die Zuversicht, die nötige Weite, er sagt: „Es tut mir leid.“

Er wollte nun alle drei Trainings auf der Großschanze nützen, der Wunsch nach lockeren Sprüngen und der Lösung dieser Blockade waren sein Ziel. Hayböck sagt, dass er „keine Erklärung findet, warum es bei mir nicht mehr klappt“. Einen Ansatzpunkt aber hat er dennoch gefunden, und der widerspricht aller Logik und Logistik in der Trainings- und Wettkampfplanung. Hayböck sagt, dass er gleich im Anschluss nach der für ihn anstrengenden Tournee beim Skifliegen auf dem Kulm seinen Rhythmus verloren habe. Eine simple Welle in der Anlaufspur hätte genügt, um sein Gleichgewicht zu irritieren, die Balance zu verlieren. Die kraftraubenden Sprünge trugen auch ihren Teil dazu bei und folglich drängen sich mehrere Fragen auf. Warum wurde – bei allem Respekt vor Hubert Neuper und dem Heimweltcup – nicht für ihn eine Ausnahme gemacht wie im Vorjahr auch bei Thomas Diethart und ihm eine Pause verordnet? Verschwieg er seine Leere? Und, in diesem Punkt sind ÖSV und Weltverband FIS gefragt: Muss nach der Tournee ein Skifliegen folgen?

Aber auch Tourneesieger Kraft konnte dem Mixed-Bewerb auf der Normalschanze von Falun keinerlei Glanz verleihen und angesichts dessen ist eine gewisse Skepsis vor den Bewerben auf der Großschanze (Einzel am Donnerstag) nicht unberechtigt. Kraft sagt: „Das haben wir uns alle anders vorgestellt. Das war ein bisserl ein Schock, aber daraus lernt man mehr als aus einem guten Ergebnis.“

Die Lehren gezogen, daraus gelernt? Drei Saisonsiege (1 x Schlierenzauer, 2 x Kraft) stehen für die ÖSV-Adler zu Buche und es erweckt den Anschein, als hätte der siebente Tourneesieg in Serie einmal mehr über etwaige Rückstände, Formtiefs oder Materialfragen hinweggetäuscht. Schlierenzauer ist kein Überflieger mehr, Hayböck, Diethart und Kofler ebenso nicht, Kraft allein kann es in einem Teambewerb auch nicht richten.

Cheftrainer Heinz Kuttin ist gefragt. Dem Geschick des Kärntners obliegt es, die Springer – just beim Saisonhöhepunkt – wieder aufzubauen. Es mutet mysteriös an, er sagt: „Wir müssen die Jungs auf Vordermann bringen, damit sie wieder die nötige Lockerheit bekommen. Beim Trainingslager in Villach waren sie alle noch auf Augenhöhe mit Kraft...“

Neustart der Kombinierer

Bei null müssen auch die Kombinierer neu beginnen bei der WM in Falun. Nach dem überaus schwachen fünften Platz im Teambewerb sind Lösungen gefragt, eine Befreiung auf der Großschanze ist nötig. Ob sie aber Klapfer, Gruber, Ortner etc. gelingt? Auch bei ihnen wird der Abstand zur Weltspitze – spätestens in der Loipe – offensichtlich. Das erste Training bei leichtem Schneefall am Montag ließ die Mannschaft aus. Teamchef Christoph Eugen verordnete eine dringende Nachdenkpause.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2015)

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